Samstag, 26. August 2017

Unabhängigkeit der Zentralbanken und Wert des Geldes

In den USA werden die Münzen vom Schatzamt (US Treasury) geprägt. Die Noten hingegen werden von der US-Notenbank (Fed) gedrückt. 

Damit stellen die Münzen die Verbindlichkeiten des Schatzamtes dar und die Noten sind die Verbindlichkeiten der Fed.

In der Regel bekommen wir das Geld entweder dadurch, dass wir es verdienen oder durch die Ausgabe von Verbindlichkeiten, um es zu erlangen.

Hyman Minsky hat argumentiert, dass jeder Mensch Geld schöpfen kann. Aber das Problem liegt daran, dafür zu sorgen, dass es akzeptiert wird.

Minsky hat weiter darauf bestanden, dass das Bankwesen (banking) nicht „Geldverleih“ (money lending) ist. 

Denn ein Geldverleiher muss zunächst über Geld verfügen, bevor er Geld verleihen kann. Wichtig ist daher zu unterscheiden, dass „money lending“ und „banking business“ nicht dasselbe sind.

Die Banken schöpfen Geld, indem sie Kredit verleihen. Das ist ein grosser Unterschied.

Das Geld wird also immer aus dem Nichts (out of thin air) geschaffen.

Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, was Christopher Sims auf der 6. Lindauer Tagung der Wirtschaftswissenschaften im Rahmen eines Vortrags über das Geld und die Unabhängigkeit der Zentralbanken hervorgehoben hat.


Der Wert des Geldes, Graph: Prof. Christopher Sims, Lindau, August 2017.


In Lindau treffen sich jedes Jahr 17 Nobelpreisträger auf Nachwuchsökonomen aus 66 Ländern.

Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor hat gesagt, dass das Geld in der heutigen „fiat-money“ Welt keinen inneren Wert (intrinsic value) hat.

Menschen schätzen fiat-money, weil andere Menschen es schätzen. Solange alle einverstanden sind, dass das fiat-money einen Wert hat, dann hat es einen Wert.

Wenn aber genug Leute plötzlich denken, dass das fiat-money keinen Wert hat, dann wird es wertlos.

In hyperinflationäre Episoden beispielsweise verdunstet das Vertrauen in das fiat-money und die Menschen servieren es ab, zugunsten von Vermögenswerten, Rohstoffen und sogar zugunsten von anderen fiat Währungen. Druckt man mehr davon, verschlimmert sich die Situation.

Makroökonomische Modell mit fiat money sind daher inhärent Modelle mit mehreren Gleichgewichten. In einem Gleichgewicht ist der Wert des Geldes stabil. Aber in einem anderen wird die Inflationsdynamik so explosiv, dass das Geld entweder wertlos (hyperinflation) oder unendlich wertvoll (debt-deflation) wird, wie Frances Coppola in ihrem Blog-Eintrag schön zusammenfasst.

In solchen Modellen kann die Wirtschaft plötzlich zu einem explosionsartigen inflationären Gleichgewicht übergehen, ohne dass sich die Geldpolitik ändert. In der Tat kann es zu einem „Run auf die Zentralbank“ kommen, so Sims weiter.

Die Zentralbanken können natürlich immer die Nachfrage nach der eigenen Währung erfüllen, da sie davon unendlich viel drücken können. Aber es gibt immer die Gefahr eines plötzlichen Wechsels zu einem explosionsartigen inflationären oder deflationären Gleichgewicht.


Fiat Money and Fiscal Policy, Graph: Prof. Christopher Sims, Lindau, August 2017.



Das bedeutet, dass die Zentralbanken den Wert des Geldes nicht garantieren können.

Wie der Nobelpreisträger Sims als Fazit festhält, ist es die Fiskalpolitik, die den Wert des fiat-money gewährleistet. Deswegen können die Zentralbanken niemals unabhängig von der Regierung sein. Die „unabhängige Zentralbank“ ist daher ein Mythos.

Die Zentralbanken sind nicht nur nicht unabhängig von der Regierung, sondern sie sind abhängig davon, miteinander eine angemessene und glaubwürdige countercyclical fiscal policy zu betreiben.

Wie Prof. Sims sagt: Wenn die Leute verstehen würden, dass die Fiskalpolitik versucht, die Ausweitung des Haushaltsdefizits zu bremsen, in Zeiten hoher Inflation, und das Haushaltsdefizit auszudehnen, wenn die Zinsen an der oder nahe der Nullzins-Grenze (effective lower bound) liegen, dann würden Sonnenflecken und mehrere Gleichgewichte (multiple equilibria) abgebaut.

Die Fiskalpolitik muss daher den realen Wert der Staatsverschuldung langfristig aktiv aufrechterhalten, um den Wert des fiat-money stabil zu halten und den Umstieg auf eine instabile Inflationsdynamik zu verhindern.

Was macht die EU? 

Brüssel und Berlin unterbinden nach besten Kräften den Einsatz von Fiskalpolitik, koste es was es wolle. Dann wundern sich die Entscheidungsträger, warum die EZB die Zielinflationsrate unterläuft und die wirtschaftliche Stabilität nicht wieder hergestellt werden kann.







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