Montag, 3. Oktober 2016

Preisstabilität, Niedrigzinsen und Investitionen

Preisstabilität bedeutet nicht Null-Prozent Inflation. Sowohl eine zu hohe Inflation als auch eine zu niedrige Inflation kann der Wirtschaft schaden. Das hat Mario Draghi in seinem Vortrag vor dem Deutschen Bundestag vergangene Woche gesagt.

Die EZB handelt, weil die Inflation sich vom Zielwert (nahe 2% auf mittlere Sicht) der EZB entfernt hat. Das bedeutet, dass die Inflationserwartungen in der Eurozone nicht mehr verankert sind.

Wenn die Verbraucher einen weiteren Rückgang der Preise erwarten, stellen sie Anschaffungen zurück und die Unternehmen investieren angesichts der sich verschlechternden Absatzaussichten nicht. Und die Beschäftigung nimmt ab. Wenn die Löhne sinken, steigt auch die Arbeitslosigkeit. 

Und wenn die Abwärtsspirale sich fortsetzt, bricht die Wirtschaft zusammen, weil Berlin und Brüssel gleichzeitig daran festhalten, dass alle Mitgliedstaaten in der Eurozone, koste was es wolle, Haushaltskonsolidierung durchsetzen.

Dennoch werde Stimmen laut, dass die Niedrigzinsen die Sparer belasten. Es ist zwar unbestritten, dass die geldpolitischen Massnahmen Verteilungseffekte auf die Bürger entfalten. Aber es eindeutig die Austerität, die die Zinsen niedrig hält.

Da die Senkung der Leitzinsen nicht mehr ausreicht, um die angestrebte Inflationsrate zu erreichen, die mit der Preisstabilität im Einklang steht, hat die EZB auf unkonventionelle Massnahmen zurückgreifen müssen. Das bekannteste Beispiel ist das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (genannt QE). Die EZB ist aber nicht die einzige Zentralbank, die eine QE-Politik verwendet. Auch die BoE hat ein umfangreiches Anleihekaufprogramm aufgelegt.



Der Wert der Anleihen (weltweit) mit einer Rendite unter Null Prozent, Graph: Bloomberg


Das Geschehen am Markt zeigt, dass die QE-Politik die Renditen der Staatsanleihen drückt. Seitdem die EZB und die BoE neuerdings auch Unternehmensanleihen kaufen, fallen auch die Renditen der Wertpapiere im Privatsektor.

Weniger als ein Siebtel der negativ-rentierenden Anleihen gehen auf private Unternehmen zurück, berichtet Bloomberg gestützt auf den „Bloomberg Barclays Globale Aggregate Index“.

Der Wert der Anleihen mit Negativ-Rendite, die vom genannten Index erfasst werden, ist per Ende September inzwischen um 6,1% wieder auf 11,6 Billionen USD (d.h. 11,600 Mrd. USD) gestiegen, nachdem in den vergangenen zwei Monaten ein Rückgang verzeichnet worden war. Der bisher höchste Wert wurde zuletzt mit 11,9 Billionen USD im June beobachtet.



Aufschlüsselung der Negativ-Renditen nach Ländern, Graph: Bloomberg

Niedrige Zinsen sind ein Symptom der zugrundeliegenden Wirtschaftslage, wie Draghi betont. Für einen Anstieg der Zinsen sind mehr Investitionen und Konsum erforderlich, und nicht eine „Gürter-enger-schnallen“-Politik in einem schwer angeschlagenen Umfeld der Wirtschaft, geschweige denn eine pathetische „Schwarze Null“-Politik. 

Wenn die Geldpolitik zu kurz greift, muss ein Policy-Mix her. Die Ersparnisse müssen produktiv eingesetzt werden, damit die Produktivität erhöht wird und die Beschäftigung steigt.



Aufgliederung der Negativ-Renditen nach Marktanteilen (privat versus öffentlich), Graph: Bloomberg




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