Mittwoch, 30. September 2015

Niedriginflation im Euroraum und Hysterese-Effekt

Die Inflationsrate im Euroraum ist im September zum ersten Mal seit sechs Monaten erneut unter die Null-Marke gefallen, was den Druck auf die EZB zusätzlich erhöht, etwas zu unternehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Mario Draghi hat kürzlich davon gesprochen, dass die Inflation im Euroraum wieder negativ werden könnte. EZB-Präsident hatte davor mit Nachdruck betont, weitere Massnahmen zu ergreifen, falls sich die Aussichten in Bezug auf das Wachstum und die Inflation verschlechtern sollten.

Auch in Deutschland ist die Inflation im September in den negativen Bereich abgerutscht. Der CPI ist auf den niedrigsten Stand seit Januar gesunken.

Damit steigt der Abwärtsdruck auf die Preise im Euroraum. Ob damit eine Deflationsgefahr einhergeht, mag vorerst dahingestellt sein. Aber es ist ein Fakt, dass die Niedriginflation (lowflation) nicht weniger gefährlich ist.




Inflation im Euroraum wird wieder negativ, Graph: Bloomberg


Warum? Wie der IWF es längst erläutert hat, kann eine extreme niedrige Inflation (genannt lowflation) für den Euroraum als Ganzes und v.a. für die von der Krise am stärksten getroffenen Länder problematisch werden, weil damit ein höherer Realzins impliziert wird.

Das bedeutet höhere Realverschuldung: wenn die Inflation sinkt, steigt die reale Last der Schulden. Ausserdem wird dadurch der Prozess der relativen Preisanpassung (genannt internal devaluation) zusätzlich erschwert. Und die hohe Arbeitslosigkeit bleibt weitere Jahre bestehen.

Wenn man in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft Deflationsgefahren nicht abwehrt, kann die Arbeitslosigkeit dauerhaft auf einem hohen Niveau verharren (“Hysterese-Effekt”).

Nach den von Eurostat heute vorgelegten Daten waren 23 Millionen Männer und Frauen im August in der EU28 arbeitlos. 4,6 Millionen Personen im Alter unter 25 Jahren hatten im August keinen Job.

Schaut man sich den Fall Japan an, ist es unbestritten, dass die EZB gefordert ist, einen vorbeugenden Ansatz an den Tag zu legen, weil sich die Niedriginflation noch mehr in das System einbettet. Da die Geldpolitik aber ausgelaugt ist, müsste im Grunde genommen eine expansive Fiskalpolitik zum Einsatz kommen. Doch ist deficit financing in Europa aus politischen Gründen verpönnt.





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