Montag, 16. Juni 2014

EZB, Deflationszyklus und Euro

Die nominalen Zinsen liegen bei fast null Prozent. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist schwach. Die Vergrösserung der Geldmenge führt zu nichts. Weder Fisch noch Vogel. Die expansive Geldpolitik der EZB funktioniert nicht.

Die EU-Peripherie ist dazu verdammt, Kosten und Preise nach unten zu korrigieren, um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Das heisst deflationieren. Was die Situation aber verschlimmert, ist die Niedriginflation. Die Inflation fällt im gesamten Euro-Raum, von 0,7% im April nun auf 0,5% im Mai, wie eurostat heute gemeldet hat.

Selbst wenn kein ausgewachsene Deflation vorliegt, sorgen die fallenden Preise dafür, dass die reale Last der Schulden steigt (debt deflation). Das ist wie ein Knüppel am Bein für den überschuldeten Privatsektor.

Wie lässt sich aber der Deflationszyklus durchbrechen? Nach dem Lehrbuch brauchen Staaten in einer solchen Situation eine Mischung aus Inflation und Wirtschaftswachstum.

Wie soll die Wirtschaft aber im Euro-Raum wachsen, wenn die öffentliche Hand die Ausgaben kürzt, die privaten Haushalte sparen und die Unternehmen nicht investieren? Die Wirtschaft schrumpft und die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand sinken. Europa scheinen daher Jahre der Deflation und Stagnation bevor zu stehen.

Die EZB unterbietet die Inflationsrate seit mehreren Monaten. Wenn Mario Draghi es ernst meint, die Inflation wieder an den Zielwert näher zu bringen, müsste er höhere Inflationserwartungen begünstigen.


Der EUR-Wechselkurs hat sich in den letzten zwei Monaten etwas abgeschwächt. Dennoch notiert er höher als in den beiden Vorjahren, Graph: ZKB in DMO, June 16, 2014


Hier erscheint ein schwacher Wechselkurs für den Euro die einzige Möglichkeit zu sein, weil eine QE-Politik à la Fed oder BoE in Europa nicht in Frage kommt und der Negativzinssatz für Einlagen der Banken bei der EZB wegen des fragmentierten Finanzsystems im Euro-Raum nicht viel taugt.

Entscheidend ist die Ausdehnung der EZB-Bilanz, wenn die Gemeinschaftswährung abgewertet werden soll, schreibt Barry Eichengreen in einem lesenswerten Artikel („Europe should take lessons from Japan“) in F&W.

Ansonsten setzt sich die EU dem Vorwurf aus, eine sog. „beggar-thy-neighbor Politik“ zu betreiben, betont der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.


Jährliche Inflation im Euro-Raum, Graph: eurostat

Denn während die Bemühungen, den Wechselkurs kleinzureden, begleitet von einer tatsächlichen Bilanz-Expansion, für den Rest der Welt gut sind, entfaltet eine verbale Intervention für die Abwertung der eigenen Währung im Ausland nur negative Auswirkungen.

Die Bank of Japan (BoJ) hat mit dem Ankauf von Wertschriften (QE-Politik) nicht nur die eigene Währung abwerten lassen, sondern auch die Renditen der festverzinslichen Papiere in Japan nach unten gedruckt, was japanische Investoren veranlasst hat, im Ausland nach höheren Renditen Ausschau zu halten. 

Die ausländischen Investitionen aus Japan waren einer der Gründe, warum die Renditen der Staatsanleihen an der EU-Peripherie in den vergangenen Monaten gesunken sind, unterstreicht Eichengreen weiter.

Ein schwächer Yen-Kurs kommt Europa nicht zugute, aber Europa profitiert von fallenden Refinanzierungskosten. Damit Japan der EU nicht vorwerfen kann, einen Abwertungswettlauf (competitive devaluation) zu starten, kann die EU sich an Japans Politik orientieren, um den Deflationszyklus endlich zu beenden.


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