Montag, 21. April 2014

Schweden, die Schweiz und die Geldpolitik in der Krise

Schweden macht in diesen Tagen die Bekanntschaft mit Deflation. Die Kerninflation ist niedriger als im Euro-Raum.

Wie kommt es? Schliesslich hat Schweden die Finanzkrise und die schweren Folgen daraus relativ gut überstanden.

Die parlamentarische Monarchie in Nordeuropa gehört nicht dem Euro-Raum an und ist daher nicht Restriktionen im Zusammenhang mit einer Währungsunion ausgesetzt. Schweden ist Mitglied der EU, hat aber seine eigene Landeswährung wie Grossbritannien.

Trotzdem ist Stockholm in die Deflationsfalle gerutscht. Wie ist es möglich?  

Die schwedische Zentralbank (Riksbank) hat trotz der niedrigen Inflation und dem schwachen Verlauf der Wirtschaft die geldpolitischen Zügel angezogen, mit der Begründung, dass die Inflation sonst ansteigen würde. Die Verfechter der tight-money-Politik haben die Oberhand behalten.

Lars Svensson hatte die Riksbank mehrmals davor gewarnt, die Zinsen frühzeitig zu erhöhen. Nun ist Schweden das erste Land in Nordeuropa, welches sich ernsthafte Probleme eingehandelt hat. Der ehemalige Wirtschaftsprofessor an der Princeton University legt der Riksbank deshalb nahe, eine „gross angelegte QE-Politik“ vorzubereiten.


Schweden in Deflation, Graph: Statistics Schweden  (SCB)

Die privaten Haushalte in Schweden sind hoch verschuldet: 170% des verfügbaren Einkommens. Deflation erhöht die reale Last der Schulden. Es ist daher ironisch, wie Paul Krugman in seinem Blog zum Ausdruck bringt, sich zu vergegenwärtigen, dass die Riksbank versucht hat, die Zinserhöhung mit dem Hinweis auf die hoch verschuldeten Konsumenten zu rechtfertigen.

Nun räumt die schwedische Zentralbank in ihrem aktuellen geldpolitischen Bericht ein, dass etwas Grundsätzliches schief gelaufen ist.

Welche Lehren sind aus der fatalen Wende der schwedischen Geldpolitik zu ziehen?

Es ist die Macht des Sado-Monetarismus, wie Krugman es formuliert, die sich wider besseren Wissens durchgesetzt hat, obwohl das ökonomische Lehrbuch sagt, dass es ein falscher Zeitpunkt wäre, die Zinsen zu erhöhen, während die Arbeitslosigkeit auf einem hohen Niveau verharrt und die niedrige Inflation anhält.

Die schwedische Erfahrung beleuchtet zugleich eine historische Kontroverse über die Geldpolitik in den USA. Die Fed-Kritiker behaupten immer wieder, dass die Fed Schuld sei, was den bubble-bust-Zyklus in der US-Wirtschaft betreffe. Die US-Notenbank habe die Zinsen „zu lange zu niedrig“ gehalten.

Die Fed befand sich 2003-2004 in einer ähnlichen Situation wie die Riksbank. Die Arbeitslosigkeit war hoch und die Inflation niedrig. Die Fed hat dem politischen Druck aber nicht nachgegeben und die eigene Linie fortgesetzt. Die US-Wirtschaft ist damit von der Deflation verschont geblieben.

Dasselbe gilt im Grunde genommen auch für die Schweiz. Die Schweiz ist nicht in der EU und hat eigene Landeswährung. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wurde im Sog der Finanzkrise ständig aufgefordert, den Mindestkurs aufzugeben. Die Geldmenge sei zu hoch. Langfristig drohe Inflation.

Die konservativen Kräfte haben eine billige Kampagne gegen die SNB geführt. Die Kompetenz des SNB-Direktoriums wurde in Frage gestellt. Die SNB ist aber prinzipientreu und unbeugsam geblieben und hat nach dem Lehrbuch gehandelt. Und sie lag damit bisher genau richtig.

Hätte sie SNB die Geldpolitik auf die Linie von Goldbugs umgeschwenkt, hätte sie die Preisstabilität gefährdet und der konjunkturellen Entwicklung nicht Rechnung tragen können. Fazit: Die Schweiz hat Schwedens Fehler nicht gemacht. Und es ist das Verdienst der standfesten SNB, die die orthodoxe Ökonomie widerlegt hat.

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