Mittwoch, 16. April 2014

Inflation und reale und nominale Variablen

Jürgen Stark bricht in einem wunderlichen Artikel („Doomsayers risk a self-fulling prophecy“) in FT eine Lanze für die Niedriginflation.

Der ehemalige Chefvolkswirt (von 2006 bis 2012) und Mitglied im Direktorium der EZB schreibt, dass die niedrige Inflation das real verfügbare Einkommen erhöhe und damit den privaten Verbrauch fördere.

Inflationserwartungen seien gut verankert und es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Verbraucher und Unternehmen die Ausgaben in Erwartung von weiter fallenden Preisen hinausschieben. Warnungen vor Deflation und Forderungen, dass die EZB etwas unternehmen soll, seien irreführend.

Mit dieser Aussage würde Stark an der Uni durch die Bachelor-Prüfung durchfallen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog dazu.

Stark scheint aber davon auszugehen, dass die Preise weniger stark steigen als das Wachstum des Einkommens. Was aber der deutsche Ökonom vergisst, ist, dass auch das Einkommen von den Preisen abhängt.

Die Niedriginflation mag schon dafür sorgen, dass der Zuwachs aus dem Einkommen steigt, und zwar bei einer bestimmten Wachstumsrate des nominalen Einkommens. Aber die Niedriginflation verringert zugleich auch die Wachstumsrate des nominalen Einkommens, und zwar eins zu eins.

Was darüber hinaus nicht wahr ist, dass die Niedriginflation keine Wirkung entfalte. Niedrige Inflation erhöht (1) die reale Last der Schulden.  Und (2) steigen die Realzinsen, wenn die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound) liegen. Das sind Faktoren, die nachfrage-einschränkende Auswirkungen entfalten.

Es muss (3) gesagt werden, dass die Situation der Schuldner-Länder an der EU-Peripherie sich verschlechtert, wenn die Niedrigzinsen lange anhalten, worauf Stark nicht eingeht.

Wenn die nominalen Zinsen nahe Null liegen, erhöht fallende Inflation die realen Zinsen und reduziert damit die Nachfrage. Wenn die Finanzanlagen und Verbindlichkeiten nominal denominiert sind, erhöht ein unerwarteter Rückgang der Preise oder der Inflation den realen Wert der Schulden, was ein Verteilungseffekt bedeutet, legt Antonio Fatas in seinem Blog dar.

Man soll also darauf achten, die realen und nominalen Variablen nicht durcheinander zu bringen. Fallende Inflation kann, auch wenn die Preise und Zinsen im Einklang fallen, reale Effekte auslösen, wenn man eine reale Veränderung in Einkommen oder in relativen Preisen falsch interpretiert.

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