Donnerstag, 16. Januar 2014

Disinflation und Debt-Deflation in der Eurozone

Die jährliche Inflation im Euro-Raum ist im Dezember (*) auf 0,8% von 0,8% im November gefallen. Die monatliche Inflation belief sich im Dezember 2013 auf 0,3%. Die Kerninflation ist bereits vor einem Jahr Monat auf den Tiefstand von 0,7% gesunken.

Der Euro-Raum befindet sich ohne Zweifel nahe Deflation Gefahrenzone. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat heute vor einer zunehmenden Gefahr der Deflation gewarnt: „Wenn die Inflation der Geist aus der Flasche ist, dann ist die Deflation das Ungeheuer, das entschieden bekämpft werden muss“.

Die Risiken, die Deflation entfaltet, sind gut bekannt:

Erstens das Risiko durch die Schaffung von Erwartungen, dass die Preise im nächsten Jahr noch niedriger sein werden, was Konsumenten veranlasst, das Konsumverhalten zu zügeln. Verschieben die Verbraucher Einkäufe, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, was auf die Preise weiteren Abwärtsdruck ausübt.

Zweitens das Risiko, dass die fallenden Preise die reale Last der Schulden erhöhen. Wenn die Preise fallen, fallen auch die Einnahmen der öffentlichen Hand und der privaten Haushalte, während der Schuldendienst unverändert bleibt. Dies zwingt den privaten Sektor und die öffentliche Hand, einen höheren Anteil des Einkommens für die Bedienung der Schulden auszugeben.

Das wiederum erhöht die Intensität des Deflationsprozesses, wie Paul de Grauwe in einem lesenswerten Artikel („Should we worry about deflation?“) in The Economist erläutert. Und das ist wahrscheinlich der wichtigste negative Effekt der Deflation.

Wie sehen die beiden Risiken heute in der Eurozone aus?

Der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor denkt, dass die Konsum-Verschiebung-Wirkung (consumption-postponement effect) noch nicht wirksam ist. Die Preise steigen immer noch in der Eurozone. Nur wenn die Verbraucher wirklich fallende Preise erwarten, könnte die Wirkung in Gang kommen.

Der zweite Effekt, nämlich die Debt-Deflation ist bereits wirksam.

Es ist jedoch wichtig, zu betonen, dass dieser Effekt nicht entscheidend von einer negativen Inflation abhängt. Es beginnt, zu wirken, wenn die Inflation niedriger ist als die Inflation zum Abschluss der Schuldverträge (z.B. Kreditvereinbarung).

Derzeit belaufen sich die Inflationserwartungen, gemessen an Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, auf 2% für die kommenden 5 bis 10 Jahre in der Eurozone. Allerdings fällt die Inflationsrate in der Eurozone seit geraumer Zeit und beträgt zur Zeit 0,8%. Diese Disinflation löst Debt-Deflation aus, wie von Irving Fisher vor Jahren analysiert wurde.

Die Debt-Deflation Dynamik ist in den EU-Ländern mit der höchsten Verschuldung sogar noch schlimmer. In Griechenland, Irland, Spanien und Portugal liegt die Inflationsrate unter 0,8%, damit unter dem EU-Durchschnitt. In Griechenland, wo die Inflation negativ ist, ist die Entfaltung der Debt-Deflation Dynamik noch umfassender als im Rest der EU.

Man behalte dabei stets die folgende Gleichung im Auge:

Reale Kosten = Nominale Kosten – Inflation

Die einzige Institution, die verhindern kann, dass aus Disnflation Deflation wird, ist die EZB, hält de Grauwe zum Schluss fest. Was unternimmt aber die EZB dagegen? Mario Draghi hat neulich mit Nachdruck hervorgehoben, dass von einer „Japanisierung der Eurozone“ keine Rede sein kann. Wie soll es aber weiter gehen?

(*)
Die niedrigsten jährlichen Inflationsraten im Dezember wurden in Griechenland -1,8%, Zypern -1,3%, Bulgarien -0,9% und Lettland -0,4% verzeichnet.



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Würden niedrigere Preise die Konsumenten vom Konsum abhalten, hätte keiner von uns in den letzten 20, 30 Jahren je einen PC, Laptop, TV, Handy gekauft, denn wir alle "wussten" jeweils, dass die Preise sinken würden.
Etwas detaillierter habe ich das hier ausgeführt: http://www.cash.ch/comment/552023#comment-552023