Mittwoch, 14. August 2013

Spanien und Euro-Krise

Spanien ist wieder in aller Munde. Das Land hat in den vergangenen neun Monaten einen Leistungsbilanzüberschuss (2% des BIP) erzielt.

André Kühnlenz befasst sich in seinem Blog mit dem Thema der Stunde und deutet auf Hans-Werner Sinn hin. Der Chef des ifo-Instituts vertritt nämlich die Meinung, dass Griechenland, Spanien, und Portugal im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone um etwa 30% billiger werden müssen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Kühnlenz hebt hervor, dass kein grosses Euroland in den vergangenen 5 Jahren seinen Export so stark gesteigert hat wie Spanien. Warum fordert Hans-Werner Sinn aber, dass Spanien seine Löhne und Preise um 30% senkt? Wenn Spaniens Güter und Dienstleistungen im Ausland sehr attraktiv sind, macht es keinen Sinn, dass Spanien die Preise und Löhne senkt. Zumal Spanien einen viel höheren Überschuss im Aussenhandel erzielen müsste, um seine Schulden angemessen zu bedienen.

Worum geht es also?

Sieht man die Euro-Krise als „Staatsschuldenkrise“ an, rücken Handelsungleichgewichte in den Fokus, wodurch die Aufmerksamkeit auf die Wettbewerbsfähigkeit gelenkt wird. Importiert ein Land auf Pump mehr Güter als es im Inland produziert, entsteht ein Defizit im Aussenhandel (extern). Die verschwenderische Haushaltsführung sorgt dann dafür, dass die Verschuldung auch intern ansteigt. So lauten die Argumente der vielen europäischen Verantwortlichen, v.a. aber der deutschen Politiker.

Die Krisenstaaten werden daher gedrängt, die Schulden (mitten in einer schweren Rezession) durch eine harsche Austeritätspolitik zu reduzieren, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Wettbewerbsfähigkeit ist aber ein relatives Konzept. Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen. Die Welt kann nicht als Ganzes ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern.



Spanien: Haushalte (Kredite und Einlagen), Graph: Morgan Stanley, Aug 2013

Im Grunde genommen steht damit fest, dass es im Aussenhandel auf das Preisniveau ankommt, v.a. beim Beitritt zu einer Währungsunion. Da Deutschland gegen das gemeinsam festgelegte Inflationsziel der EZB verstossen hat, in dem es die Zielmarke in den vergangenen Jahren stets unterbot, ist es unfair, die Last der Anpassung (via Deflation) allein auf die Schultern der Peripherie (Schuldnerländer) zu legen, was politisch unzumutbar (man denke an das menschliche Leid, das mit der Massenarbeitslositkeit einhergeht) und ökonomisch unsinnig ist.

Ferner darf man nicht vergessen, dass Spanien am Vorabend der Eurokrise einen Haushaltsüberschuss und nur wenig Schulden gehabt hat. Der Punkt ist, dass

(1) Deutschlands Wirtschaft dreimal so gross ist wie die spanische Wirtschaft, (2) Spanien eine gigantische Spekulationsblase (im Anschluss eines von deutschen Banken finanzierten Immobilienbooms) erlebt hat und (3) die virtuelle DM zu Beginn der Eurokrise 2009 (nach Berechnungen der UBS) gegenüber den Währungen Spaniens, Portugals und Griechenlands um mehr als 30% unterbewertet war, was Berlin Wettbewerbsvorteile verschafft hat.

Fazit: Deutschland hat die Eurozone durch einen hohen Leistungsbilanzüberschuss, Lohndumping und zu niedrige Inflationsrate aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Gläubigerländer müssen daher für die Beendigung der Rezession ihren Beitrag zum Abbau der Diskrepanz in der Wettbewerbsfähigkeit (siehe Lohnstückkosten) leisten, weil in Europa sonst eine lange Phase von Deflation und Stagnation droht. 

Update: Der Anteil des Exports am BIP liegt in Spanien nur bei etwa 25%. Das heisst, dass der Ansatz, die Wettbewerbsfähigkeit via Lohnkürzung zu verbessern, a priori zum Scheitern verurteilt ist, zumal die Binnennachfrage aufgrund des Rückgangs des Einkommens sinken würde. Angebotspolitische Massnahmen sind ungeeignet, die Euro-Krise zu lösen.

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