Montag, 28. Januar 2013

Okuns Gesetz gilt


Die Arbeitslosenquote bleibt in vielen fortgeschrittenen Ländern nach wie vor sehr hoch. Es gibt viele Akademiker, die vor diesem Hintergrund nun öfters behaupten, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit sich während der Great Rezession vom Rückgang der Produktion (output) offensichtlich entkoppelt habe.

McKinsey argumentiert beispielsweise in einem Paper („An Economy That Works: Job Creation and America’s Future“), dass das Okuns Gesetz in sich zusammengebrochen sei. Es sei daher mehr als ein gesundes Wachstum des BIP erforderlich, um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Die Great Recession sei für die hohe Arbeitslosigkeit nicht verantwortlich.

Stimmt es? Natürlich nicht. Das okunsche Gesetz gilt immer noch. Laurence Ball, Daniel Leigh und Prakash Loungani bemerken in voxeu, dass die Ergebnisse ihrer jüngsten Forschungsarbeit („Jobs and growth are still linked. That is, Okun’s Law still holds“) nahelegen, dass das Okuns Gesetz immer noch Gültigkeit hat und dass die Arbeitsplätze wieder zurückkehren würden, sobald die Produktion sich erhole.

Die Abbildung zeigt den Rückgang der Produktion (von der Spitze bis zu der Talsohle) für eine Gruppe von OECD-Ländern während der Great Recession im Zusammenhang mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum. Die Korrelation ist im Wesentlichen gleich null. Die Abbildung deutet auf einen Zusammenbruch des Okun’s Law (die kurzfristige negative Beziehung zwischen der Produktion und der Arbeitslosigkeit) hin.



Okun Gesetz: Output und Arbeitslosigkeit, Graph, Laurence Ball, Daniel Leigh und Prakash Loungani in voxeu („Jobs and growth are still linked. That is, Okun’s Law still holds“)

Was stimmt, ist, dass die Wiederherstellung von Arbeitsplätzen sich in den einzelnen Staaten unterscheiden. Der Koeffizient (wie ein Rückgang oder ein Anstieg der Produktion auf die Arbeitslosigkeit auswirkt) verändert sich in den einzelnen Ländern.

Die eingeschätzten Koeffizienten in den einzelnen Staaten (abgesehen von Österreich  und Italien) weisen, wie die Autoren betonen, einen Spread zwischen -0,25% und -0,55% auf.

Es scheint, dass die Arbeitsmärkte vieler Länder eigenwillige Eigenschaften aufweisen, die einen gewissen Einfluss auf die Koeffizienten ausüben. Diese Eigenschaften (nicht nur eine oder zwei Variablen) tragen wahrscheinlich dazu bei, dass sich am Schluss unterschiedliche Koeffizienten ergeben.

Der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit in Spanien lässt sich z.B. fast vollständig durch die Tatsache erklären, dass der Okun-Koeffizient des Landes mit – 0,85%  (entlang der Rezession) ungewöhnlich gross ist. Die natürliche Erklärung ist die ungewöhnlich hohe Indizenz von befristeten Arbeitsverträgen, welche es Unternehmen erleichtern, Beschäftigung im Hinblick auf die Produktionsschwankungen leicht „anzupassen“, was den Okun-Koeffizienten erhöht.

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist niedriger als das Okuns Gesetz nahelegt, was im Wesentlichen mit Kurzarbeit (und work-sharing Programmen) zu tun hat.

Der Okun-Koeffizient von Japan reflektiert mit -0,16% wahrscheinlich die japanische Tradition von „lebenslanger Beschäftigung“, was Unternehmen daran hindert, Arbeitnehmer zu entlassen.

Eine mögliche Erklärung für den niedrigen Okun-Koeffizienten der Schweiz (-0,24%) ist der häufige Einsatz von ausländischen Arbeitskräften. Wenn die Beschäftigung steigt oder fällt, bewegen sich Wanderarbeiter über die Grenzen. Schwankungen der Beschäftigung gehen mit Schwankungen der Arbeitskräfte Hand in Hand, sodass die Beschäftigung stabil bleibt.

Österreichs Daten sind hingegen rätselhaft. Der Okun-Koeffizient ist mit -0,14% der tiefste Wert unter 20 untersuchten OECD-Staaten und die Autoren finden keine Erklärung dafür.

Fazit: Die Autoren deuten darauf hin, dass die Beschäftigung und Wirtschaftswachstum in den meisten Ländern gekoppelt bleiben. Es mag Gründe für Strukturreformen geben, so die Autoren, was die Beschaffung von Arbeitsplätzen beschleunigen könnte. Aber es ist kein Anlass, daran zu glauben, dass das Okun Gesetz nicht funktioniere. Ganz im Gegenteil: Das okunsche Gesetz ist nach wie vor intakt.

PS: Weitere Beiträge zum Thema Okun Gesetz in diesem Blog, im Febr 2010 hier, im Nov 2009 hier und im Jan 2009 hier.

Keine Kommentare: