Montag, 26. November 2012

Fiskal-Phantom


Dies sind schwierige Zeiten für die Defizit-Schimpfer, die die politische Debatte seit fast drei Jahren beherrschen, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Fighting Fiscal Phantoms“) am Montag in NYTimes.

Man könnte mit ihnen fast Mitleid haben, wenn sie vom anhaltenden Problem der unzureichenden Erholung der Wirtschaft die Aufmerksamkeit nicht ablenken und damit dazu beitragen würden, die katastrophal hohe Arbeitslosigkeit zu verewigen, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Was hat sich geändert? Zum einen, dass die Krise, die vorausgesagt wurde, nicht geschieht. Die Investoren flüchten aus den US-Staatsanleihen nicht. Ganz im Gegenteil: Da die Investoren immer noch US-Staatspapiere suchen, fallen die Renditen auf historische Tiefs. Darüber hinaus liegt die unmittelbare Gefahr für die US-Wirtschaft nicht darin, dass es nicht gelingt, das Haushaltsdefizit schnell abzubauen, sondern, dass das Defizit viel zu viel verringert wird, hält Krugman fest.

Im Angesicht dieser Realitäten hat die Bewegung der Defizit-Schimpfer ihre Schlagkraft verloren. Aber die Defizit-Schimpfer geben nicht auf. Nun rührt eine weitere Organisation (Fix the Debt) die Werbetrommel für die Kürzung von Social Security und Medicare (der staatliche Gesundheitsdienst für Rentner), auch wenn niedrigere Steuersätze ein „Grundsatz“ bleibt. 

Der letzte Teil macht keinen Sinn, wenn man auf die grossen Unternehmen schaut, von Goldman Sachs bis United Health Care, welche alle an den Anstrengungen beteiligt sind und von Steuersenkungen profitieren würden. Opfer bringen ist wohl für die kleinen Leute, bemerkt Krugman ironisch.

Soll man den neuesten Druck ernst nehmen? Nein. Soweit Krugman beurteilen kann, betrifft jeder Fall, von dem die Gefahren der Verschuldung geschildert werden, entweder ein Land wie Griechenland, welches nicht über eine eigene Währung verfügt, oder ein Land wie die asiatischen Volkswirtschaften in den 1990er Jahren, die sich in Fremdwährung hoch verschuldet hatten. 

Länder mit Schulden in der eigenen Währung, wie z.B. Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg haben manchmal einen grossen Vertrauensverlust erlitten, aber nicht vergleichbar mit einer von Schulden induzierten Rezession, wie heute erzählt wird.

Wenn man eine Minute innehält, und überlegt, was hier vorgeht, stellt man fest, dass die Defizit-Schimpfer Washington mit Warnungen vor einer unmittelbar bevorstehenden Krise in Geiselhaft halten, auch wenn Investoren, die weiterhin US-Staatsanleihen kaufen, offenbar denken, dass eine solche Krise nicht stattfindet. 

Wirtschaftliche Analyse besagt, dass eine solche Krise nicht passieren kann und die historische Erfahrung zeigt keine Beispiele von Ähnlichkeit im Hinblick auf die aktuelle Situation in Amerika, wo eine solche Krise tatsächlich passiert sein soll. 

Es ist daher laut Krugman Zeit für Washington, sich Gedanken über diese dunkle Bedrohung (phantom menace) zu machen und nicht mehr hinzuhören, was diese Leute für schreckliche Geschichten verbreiten, um den eigenen Willen durchzusetzen.

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