Donnerstag, 14. Juni 2012

Soll die Schweiz einen Staatsfonds einrichten?


Wenn die Volkswirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, verliert die Geldpolitik an Zugkraft, weil die Zinsen bereits auf der Nullgrenze liegen. Die Zentralbanken werden gezwungen, unkonventionelle Massnahmen (wie z.B. mengemässige Lockerung der Geldpolitik, genannt QE) zu ergreifen, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln.

Auch die Schweizer Wirtschaft ist im Sog der Finanzkrise davon nicht verschont geblieben. Die SNB hat u.a. einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro festlegen müssen, um die Gefahr einer deflationären Entwicklung nicht entstehen zu lassen, weil eine anhaltende Aufwertung des Frankens eine massive Drohung für die Schweizer Wirtschaft darstellen würde.

Um den Mindestkurs sicherzustellen, hat die SNB Devisen gekauft. Dies hat dazu geführt, dass die Franken-Liquidität zugenommen und die SNB-Bilanz sich weiter ausgeweitet hat.

Da die SNB fest entschlossen ist, den Mindestkurs weiterhin mit aller Entschiedenheit durchzusetzen und dazu unbeschränkt Devisen zu kaufen, nimmt sie eine Bilanzausweitung in Kauf. Die SNB ist sogar bereit, wenn nötig, jederzeit weitere Massnahmen zu treffen.

In der letzten Zeit wurde das Thema der Bewirtschaftung der Devisenanlagen der SNB vom rechten Rand des politischen Spektrums in der Schweiz wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt.


Schweiz Geldmultiplikator versus Notenbankgeldmenge, Graph: ACEMAXX ANALYTICS

Die Very Serious People (VSP) in der Schweiz, die an der Grösse und Zusammensetzung der Bilanz der SNB Anstoss nehmen, fordern, dass die SNB einen 100 Mrd. Franken Staatsfonds gründet.  Die SNB soll mit dem starken Franken reale Werte kaufen, namentlich Aktien von erfolgreichen ausländischen Unternehmen und Immobilien.

SNB-Präsident Thomas Jordan hat heute im Rahmen eines Mediengesprächs die absurde Idee für die Einrichtung eines Staatsfonds mit den Devisenbeständen der SNB höflich zurückgewiesen.

(a) Die SNB hält ihre Fremdwährungsbestände nicht einfach in Form von Noten oder Bankguthaben. Sie investiert sie in verschiedene Anlageklassen und Währungen.

Seit langem kauft die SNB auch Anleihen privater Schuldner und Aktien. Der Bestand an Aktien beträgt z.Z. rund 10% der Devisenanlagen.

Die SNB hat inzwischen in das Anlageuniversum weitere Währungen aufgenommen. 2010: Aussie-Dollar, Singapur-Dollar, dänische und schwedische Krone und 2012: koreanischer Won.

(b) Der Staatsfonds von Norwegen kann z.B. nicht als Vorbild für die Bewirtschaftung der Währungsreserven der SNB dienen, weil Norwegen und/oder Erdölstaaten mit dem Staatsfonds die Einnahmen aus dem Rohstoffexport anlegen. Ein mit Devisen der SNB gespiesener Schweizer Staatsfonds wäre dagegen durch Geldschöpfung finanziert, erklärt Jordan.

Es gibt im Grunde genommen drei Punkte, die gegen einen Staatsfonds sprechen:

(1) Die Gründung eines Staatsfonds hilft bei der Durchsetzung des Mindestkurses nicht. Nur die Bereitschaft der Zentralbank, unbeschränkt Devisen gegen Franken zu kaufen, ist entscheidend.

(2) Sämtliche Investitionen im Ausland unterliegen einem Wechselkursrisiko, seien es Anleihen, Aktien, Immobilien, Rohstoffe usw., unabhängig davon, ob sie in der Bilanz der SNB oder derjenigen eines separaten Staatsfonds enthalten sind. Das Wechselkursrisiko wäre dadurch nicht reduziert.

(3) Eine Auslagerung der Devisen in einen Staatsfonds würde die Unabhängigkeit der Geldpolitik und der SNB in Frage stellen und die Handlungsfähigkeit der Geldpolitik einschränken.

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