Montag, 9. April 2012

Die Zentristen und die Wahrheit


Paul Ryan is ein amerikanischer Politiker der Republikanischen Partei und seit 1999 Mitglied des US-Repräsentantenhauses für Wisconsin. Er ist Vorsitzender des Haushaltsausschusses und hat neulich den Haushaltsplan für die Republikaner entworfen und wird als Romneys Vize-Präsidenten-Kandidat gehandelt.

Ryans Budget erweist sich als einen wunderbaren Rorschach-Test. Es gibt Menschen, die den Mut und die Integrität des Haushaltsplans loben. Es gibt Menschen, die in Arithmetik glauben und den Haushaltsplan daher als ein Stück Abfall nennen, bemerkt Dean Baker im Blog von Center for Economic and Policy Research.

Paul Krugman schreibt in seiner lesenswerten Kolumne („The Gullible Center“) am Montag in NYT, dass man nicht vom Menschen Ryan, sondern von dem Phänomen reden kann, weil Ryan als Mensch nicht interessant ist. Er ist ein moderner Feld-Wald-und-Wiesen-GOP-Extremist, ein Ayn Rand-Anhänger.

Nein, was interessant ist der Kult um Ryan, die Art und Weise, wie selbst ernannte Zentristen ihn auf eine Ikone der fiskalpolitischen Kompetenz erheben und ihn auch jetzt aus ihrer Fantasie nicht gern entkommen lassen wollen, legt Krugman dar.

Der Ryan-Kult war vergangene Woche sehr viel im Blickwinkel, nachdem Präsident Obama das Offensichtliche gesagt hatte: der neueste Haushaltsentwurf der Republikaner ist, was von Mitt Romney begierig aufgenommen wurde, ein „Trojanisches Pferd“, d.h. im Wesentlichen ein Betrug.

Die Reaktion von vielen Kommentatoren war ein Geheul der Empörung. Der Präsident sei unhöflich. Er sei Partisan. Er sei gemein.

Doch der Haushaltsplan ist genau so, wie Präsident ihn beschrieben hat: ein Vorhaben, um Gesundheitsversorgung (und viele andere wichtige Dinge) für Millionen von Menschen zu leugnen, während Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche verschwendet werden, ohne das Haushaltsdefizit zu reduzieren. Warum nehmen also die Zentristen Ryan in Schutz?

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich fragen, was es heisst, ein Zentrist zu sein?

Es könnte laut Krugman bedeuten, die Politiker zu unterstützen, die die Unterstützung der Demokraten z.B. für die Gesundheitsreform suchen, die ursprünglich von den Republikanern ausgedacht wurde, um Pläne zur Verringerung des Haushaltsdefizits zu fördern, welche von Ausgabenkürzungen und Einnahmenerhöhungen abhängen. Und gemessen an diesem Standard sollten die Zentristen eigentlich den Präsidenten Obama mit Lob überschütten.

Aber das Selbstbild der „Zentristen“ und zu einem grossen Teil ihr professionelles Verkaufsargument hängt von der Darstellung der hochsinnigen Typen ab, die zwischen den extremen Parteigängern stehen und vernünftige Menschen von beiden Parteien zusammenbringen, auch wenn diese vernünftige Menschen eigentlich gar nicht exisitieren, unterstreicht Krugman.

Tragen Sie Ryan als einen gewöhnlichen GOP-Extremisten ein, aber als einen sanftmütigen. Die „Zentristen“ mussten vortäuschen, dass es vernünftige Republikaner gibt, sodass sie Ryan für die Rolle nominieren, erläutert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises weiter.

So sieht man die Probleme, mit denen die Kommentatoren konfrontiert sind. Zuzugeben, dass die Kritik des Präsidenten richtig ist, würde bedeuten, zuzugeben, dass sie von Ryan übers Ohr gehauen worden sind. Es würde vielmehr ihre zentristische Masche in Frage stellen. Die Moral der Geschichte, die Krugman darlegt, ist, dass Ryan nicht der einzige Kaiser ist, der sich bei näherer Betrachtung nackt herausstellt.

Daher kommen die Schreie der Empörung und die Angriffe auf den Präsidenten, „Partisan“ zu sein. Denn das ist es, was die Leute in Washington sagen, wenn sie jemanden niederschreien, der die Wahrheit ausspricht.

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