Donnerstag, 26. April 2012

Die unerträgliche interne Abwertung


Aktuelle Wahrergebnisse in Europa scheinen buchstäblich zu zeigen, was es bisher Wirtschaftsdaten nicht gelungen ist, zu zeigen: die Austerität-Doktrin in Europa ist ein dicker, fetter Misserfolg, schreibt Paul Krugman in seinem Blog. Zu Recht.

Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises kündigt zugleich mit Hinweis auf BusinessInsider an, dass es nun offiziell ist, dass Keynes Recht  hatte. Es gibt seit drei Jahren fatale Warnungen davor, dass die Bond Vigilantes im Angriff seien. Es gilt sich aber immer wieder zu vergegenwärtigen, dass die Rendite der US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit nach wie vor unter 2% verbleibt.

Es ist daher wichtig, zu verstehen, dass das, was wir gerade beobachten, nicht ein Scheitern der orthodoxen Ökonomie ist. Die Standard-Volkswirtschaftslehre ist in diesem Fall die keynesianische Position. Das heisst, dass die Ökonomie darauf basiert, was der Berufsstand in den vergangenen drei Generationen gelernt  hat und worauf es in den meisten Lehrbüchern ankommt, legt Krugman dar.

Die Austerität (d.h. rigorose Sparmassnahmen) ist einfach aus der Luft gegriffen worden, um mit ein paar zweifelhaften historischen Beispielen Vorurteilen der Elite zu dienen.

Und das Fazit lautet, dass Keynesianer völlig Recht haben und die Austerians (Anhänger des Marktfundamentalismus der Österreichischen Schule) völlig falsch liegen, und zwar auf Kosten von vielen Menschen.


Veränderung in Arbeitskosten (2009 – 2011), Graph: Prof. Paul Krugman

Die Wirtschaftsstrategie des Euro-Raumes ruht auf zwei Säulen: (1) Vertrauen durch Fiscal Austerity und (2) „internal devaluation“ (d.h. interne Abwertung).

Der Punkt (1) bedeutet ohne Zweifel eine Katastrophe.

Der Punkt (2) bedeutet, Löhne und Preis drücken, um Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen, nicht durch die Abwertung der Währung, weil die Krisenstaaten der Euro-Zone keine eigene Währung haben, aber nun die Löhne im Vergleich zu Handelspartnern kürzen müssen. Das ist in den Krisenstaaten, die in guten Zeiten einen viel schnelleren Anstieg der Inflation als im Rest Europas erlebt haben, von entscheidender Bedeutung. Der Prozess muss jetzt rückgängig gemacht werden.

Als der Euro eingeführt wurde, lautete der Anspruch, dass die Reformen die Arbeitsmärkte flexibilisieren würden. Das heisst, dass die Löhne leicht steigen und fallen würden.

Die aktuellen Daten von Eurostat zeigen, dass selbst in Irland, wo diesbezüglich „Fortschritte“ erzielt worden sind, die Löhne nur wenig nach unten gedrückt werden konnten. Da die Arbeitskosten inzwischen im Rest der Euro-Zone gestiegen sind, ist die aktuelle interne Abwertung im Fall von Irland höher. Krugman errechnet einen Wert von rund  5 ½%. Die Anpassung erfolgt m.a.W. schmerzhaft langsam und nicht schnell genug, um eine Katastrophe des gegenwärtigen Kurses zu vermeiden.

Und Deutschland müsste eine „internal revaluation“ (interne Aufwertung) erleben, hebt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Das heisst, dass die relativen Kosten ansteigen müssen.

Krugman schlägt im Grunde genommen drei Schritte zur Rettung der Gemeinschaftswährung vor:

(a) Die EZB würde Staatsanleihen der Euro-Staaten aufkaufen.

(b) Die Länder mit einem grossen Aussenhandelsüberschuss ( Kern der Euro-Zone) müssten kurzfristig eine starke Nachfrage nach Gütern aus den Ländern mit unhaltbaren Aussenhandelsdefiziten (Peripherie der Euro-Zone) entwickeln.

(c) Die Länder mit einem grossen Aussenhandelsüberschuss (wie z.B. Deutschland, Niederlande usw.) würden mittelfristig eine moderate Inflation von 3 bis 4% zulassen, um Ländern mit einem grossen Aussenhandelsdefizit keine kostspielige  Deflation aufzunötigen.

Das heisst: eine expansive Geldpolitik durch die EZB und ein Konjunkturprogramm für Deutschland.

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