Montag, 5. März 2012

Depression und Staatsausgaben

Die Nachrichten aus der Wirtschaft sehen in letzter Zeit besser aus. Es wäre aber töricht, anzunehmen, dass alles gut ist, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („States of Depression“) in NYT.

In jedem Fall ist es immer noch eine sehr langsame wirtschaftliche Erholung im historischen Vergleich. Es gibt mehrere Gründe für die schwache Erholung der Konjunktur. Der wichtigste Grund ist der Überhang an Schulden der privaten Haushalte, und zwar als Hinterlassenschaft der Immobilienblase.

Ein wesentlicher Faktor ist aber die Tatsache, dass der amerikanische Staat (government in America) genau das tut, was sowohl die Theorie als auch die Geschichte sagt, nicht zu tun: Abbau der Staatsausgaben trotz einer niedergeschlagenen Wirtschaft, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

In der Tat hätten die USA heute mit Sicherheit eine niedrigere Arbeitslosenquote gehabt als in einem vergleichbaren Stadium der Wirtschaft während der Reagan-Ära, wenn es die zerstörerischen Sparmassnahmen (fiscal austerity) nicht gegeben hätte.

Krugman legt dabei einen grossen Wert auf die Unterscheidung zwischen „government in America“ und „federal government“. Was der Träger des Wirtschaftsnobelpreises damit meint, ist, dass, während die Obama-Regierung ein Konjunkturpaket geschnürt hat, die Ausgaben auf der Ebene der Bundesstaaten und der lokalen Verwaltungen stark gesenkt worden sind, was zu einem starken Rückgang der Beschäftigung und der Staatsausgaben für Waren und Dienstleistungen geführt hat, und was immer noch eine starke Belastung für die Wirtschaft als Ganzes darstellt.


US-Staatsausgaben (real) im Vergleich Reagan vs Obama, Graph: Prof. Paul Krugman

Es sind die laufenden Staatsausgaben dividiert durch den BIP-Deflator, ausgehend vom IV. Q. 1982 bis zum II. Q. 2009 (ohne von Arbeitslosengeld und anderen Transferleistungen abzusehen)

Eine Möglichkeit, um zu dramatisieren, wie einschneidend die tatsächlichen Sparmassnahmen gewesen sind, ist der Vergleich der Beschäftigung und die Ausgaben der öffentlichen Hand während der Obama Ära des Aufschwungs, welche im Juni 2009 begann und der Reagan Ära des Aufschwungs, welche im November 1982 begann.

Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor ist in der Reagan Ära um 3,1% gestiegen. Heute ist sie hingegen um 2,7% zurückgegangen.

Die Staatsausgaben für Waren und Dienstleistungen (abgesehen von Transferleistungen an Einzelpersonen, wie z.B. Arbeitslosengeld) sind in der Reagan Ära der vergleichen Zeitperiode der konjunkturellen Erholung um 11,6% gestiegen. Heute sind sie hingegen um 2,6% zurückgegangen.

Die Kluft bleibt bestehen, auch wenn man die Transferleistungen, die wegen der hohen Arbeitslosigkeit so hoch gewesen sind, mit berücksichtigt. Die Ausgaben in der Reagan Ära sind nämlich um 10,2% geklettert, während sie in der Obama Ära um 2,5% eingebrochen sind.

Warum sind aber die Staatsausgaben unter Reagan so sehr angestiegen, trotz der small-government-Rhetorik? Es hat zum Teil mit dem Wettrüsten zu tun, aber hauptsächlich damit, dass die Bundesstaaten und die lokalen Verwaltungen getan haben, was sie tun sollten: Investitionen in Bildung und Infrastruktur für eine wachsenden Wirtschaft.

Unter Obama resultiert die schlimme finanzielle Lage der bundesstaatlichen und lokalen Regierungen aus der anhaltenden Flaute, die weitgehend durch die Schuldenexplosion der privaten Haushalte vor 2008 verursacht worden ist, was wiederum zu gezwungenden Ausgabenkürzungen geführt hat.

Eine Implikation dieses Vergleichs ist, dass die Konservativen, die den Datensatz von Reagan gern dem von Obama gegenüberstellen, zweimal überlegen sollen. Zur Erinnerung: Obama wird von Konservativen als Sozialis beschimpft. Abgesehen von der Tatsache, dass die Erholung der Wirtschaft aus einer Finanzkrise fast immer langsamer erfolgt als die gewöhnlichen Erholungen, entpuppt sich Reagan viel mehr keynesianisch als Obama.

Wichtiger ist jedoch die Frage, wie die wirtschaftliche Erholung beschleunigt werden kann. Ein grosser Schritt in Richtung Vollbeschäftigung ist durch den Einsatz des Staates für niedrige Kreditaufnahme zu unternehmen, hält Krugman fest, um Bundesstaaten und lokalen Regierungen zu helfen, um die entlassenen Lehrer und Polizisten wiedereinzustellen, während die Projekte, die aufs Eis gelegt worden waren, wiederaufgenommen werden, um Strassen zu warten und aufzubessern.

Keine Kommentare: