Dienstag, 8. November 2011

Was hat die Finanzkrise ausgelöst?

Barry Ritholtz erinnert in einem lesenswerten Artikel („What caused the financial crisis? The Big Lie goes viral“) in Washington Post, was die schwerste Finanzkrise (2008) aller Zeiten verursacht hat. Im Übrigen war der Artikel der am meisten gelesene Artikel am Sonntag.

(1) Der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan hat die Zinsen bis auf 1% gesenkt und sie dort für eine beispiellos lange Zeit gehalten. Dies hat zu einer Spirale in allem, was in Dollars (Öl, Gold usw.) oder Kredit (Immobilienwesen) oder Liquidität (Aktien) bewertet wird, geführt.

(2) Angesichts der niedrigen Zinsen konnten die Vermögensverwalter mit kommunalen Anleihen oder US-Treasury Bonds nicht mehr angemessene Erträge erwirtschaften, sodass sie sich an höher verzinsliche mit Hypotheken besicherten Anleihen (MBS: mortgage-backed securities) zugewandt haben. Fast alle sind aber daran gescheitert, angemessene Due Diligence (sorgfältige Prüfung und Analyse) für diese Papiere zu machen, bevor sie sie gekauft haben. Und sie haben weder diese Anleihen noch die Risiken, die damit verbunden waren, richtig verstanden.

(3) Die Fonds Manager haben diesen Fehler begangen, weil sie sich auf die Rating Agenturen verlassen haben: Moody’s, S&P und Fitch haben Schrott-Papiere mit einem Rating von AAA aufgewertet, mit der Behauptung, dass sie so sicher wie die US-Treasury Bonds sind.

(4) Derivative sind ein einzigartiges, unreguliertes Finanzinstrument geworden. Sie wurden von der Aufsicht, Gegenpartei-Disclosure, und Anforderungen für die Börsennotierungen usw. ausgenommen. Dies hat AIG erlaubt, Derivative in Höhe von 3‘000 Mrd. $ auszuschreiben, während sie genau Null Dollar als Reserve gegen künftige Anforderungen auf die Seite gelegt hat.

(5) Die SEC (US-Börsenaufsichtsbehörde) hat 2004 die Regeln für die Hebelwirkung (leverage) für die 5 Wall Street Banken verändert. Die als „Bear Stearns Ausnahme“ bekannte Regel hat die Nettokapitalisierungsregel (1977) für das Leverage-Limit von „12-zu-1“ aufgehoben, was Goldman Sachs, Morgan Stanley, Merrill Lynch, Lehman Brothers und Bear Stearns erlaubt hat, unbegrenzt Fremdkapital (leverage) einzusetzen. Diese Banken haben das Leverage auf 20, 30, ja sogar 40 zu 1 angehoben.

(6) Das Vergütungssystem der Wall Street wurde in Richtung kurzfristige Performance verzerrt. Es gab den Händlern viele Vorteile aber keine Nachteile. Dies schafft Anreize, übermässige Risiken einzugehen.

(7) Die Nachfrage nach höherverzinslichen Papieren hat die Wall Street veranlasst, zu beginnen, die Hypotheken-Papiere zu bündeln und zu verpacken. Die Subprime-Hypotheken waren die Papiere mit der höchsten Rendite. Dieser Markt wurde von Nicht-Banken Originators dominiert, die keiner Aufsicht und keiner Regulierung unterlagen. Die Fed hätte sie beaufsichtigen können, aber Greenspan hat es nicht getan.

(8) Das Modell von „lend-to-sell“-Papieren dieser Hypotheken-Originators (ursprünglicher Kreditgeber) hat dazu geführt, die Hypotheken für nur einen sehr kurzen Zeitraum zu halten. Dies hatte zur Folge, dass sie mit Underwriting Standards, herkömmliche Metriken des Kreditgeschäftes wie Einkommen, Bonität, Schuldengeschichte und loan-to-value Kriterien „kreativ“ umgegangen sind.

(9) „Innovative“ Hypotheken-Produkte wurden entwickelt, um Subprime-Kreditnehmer zu erreichen. Dazu gehören 2/28 variabel verzinsliche Hypotheken, interest-only Darlehen, piggy-bank Hypotheken und die berüchtigten negative-Amortisierungsdarlehen (die Verschuldung des Kreditnehmers steigt jeden Monat). Die Anzahl der notleidenden Hypotheken-Kredite war in der traditionellen Geschichte der Festhypotheken (30 Jahre) unverhältnismässig hoch.

(10) Um mit diesen neumodischen Originators Schritt halten zu können, haben traditionelle Banken automatisierte Underwriting-System entwickelt. Die Mitarbeiter wurden dank der Software gemessen an Kreditvolumen, nicht an Qualität bezahlt.

(11) Das Glass-Steagal-Gesetz, welches Wall Street und Main Street voneinander getrennt hat, wurde 1998 abgeschafft. Die Banken, die von der FDIC (Einlagensicherungsbehörde) gedeckt waren, haben angefangen, sich für hoch riskanten Geschäfte zu engagieren. Die Banken wurden auf diese Weise grösser, komplexer und unhandlich.

(12) Viele Bundesstaaten hatten anti-räuberische Kreditvergabe-Gesetze. Das Office of the Comptroller of the Currency (OCC: Bankenaufsichtsbehörde) hat 2004 die staatlichen Gesetze, die Hypothekenkredite und nationale Banken regulieren, ausgeschlossen. Infolge dieser Änderung haben die Kreditgeber des Landes zunehmend riskante Kreditprodukte in diesen Bundesstaaten verkauft. Kurz darauf sind die Default-Fälle und Zwangsvollstreckungen explodiert.

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