Dienstag, 22. November 2011

Schattenbanken System und „Global Banking Glut“

Das US-Schattenbanken System besteht laut Hyun Song Shin zu einem grossen Teil aus europäischen Banken, was nahelegt, dass die Schaffung von Euro sogar in den US-Kapitalmärkten grosse Auswirkungen hat. Es bedeutet, dass die finanziellen Folgen des Schlamassels in der Eurozone auch in den USA sehr gross sein könnten.

Shin betont in einer aktuellen Forschungsarbeit („Global Banking Glut and Loan Risk Premium“), wie wichtig die Aktivitäten der europäischen Grossbanken in Sachen US-Dollar-Finanzierung ist, v.a was die Auswirkungen in Bezug auf die Kreditbedingungen in den USA angeht.

Die Leistungsbilanzungleichgewichte reflektieren nicht unbedingt den Einfluss der Brutto-Kapitalströme auf die Kreditmarktbedingungen in den USA, schreibt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die auf den US-Dollar lautenden Vermögenswerte von Banken ausserhalb der USA sind in der Grösse vergleichbar mit der Bilanzsumme des amerikanischen Geschäftsbanken-Sektors. Die grossen grenzüberschreitenden Positionen werden durch die Verrechnung (netting out) von Aktiven und Passiven verdeckt, argumentiert Shin.


Globale europäische Banken ergänzen die Intermediation-Kapazität für US-Sparer und Kreditnehmer, Graph: Prof. Hyun Song Shin

Die lockeren Kreditbedingungen in den USA seien wahrscheinlich bis 2007 weniger auf „Global Savings Glut“ (Ersparnisschwemme, vgl. hier), sondern viel mehr auf „Global Banking Glut“ zurückzuführen.

Fazit: Die EZB dürfte im „Prozess der Zerstörung“ nicht nur den Euro, sondern auch die Welt in den Abwärtsstrudel mit reissen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog dazu.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Argumentation, die Simon Johnson in einem lesenswerten Meinungsartikel („Deutsche Bank Could Transfer Financial Contagion“) in Bloomberg vorträgt.

Der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor deutet auf die Taunus Corp., die laut Fed die achtgrösste Bank-Holding in den USA ist. Taunus mit einem Vermögen von 380 Mrd. $ ist die nordamerikanische Tochtergesellschaft der Deutsche Bank in Deutschland.

Die Deutsche Bank ist eine bedeutende Treuhänderin (trustee) für Hypotheken in den USA, mit Engagement in Ausstellung und Verteilung von Mortgage-Backed Securities (MBS: mit hypotheken besicherte Wertpapiere) während der Immobilienkrise. Wie Yves Smith in ihrem Blog hervorhebt, ist die Deutsche Bank eine der vier grössten US-Treuhänderin für Verbriefungen.

In jeder Hinsicht ist die Deutsche Bank ein Riese, bemerkt Johnson weiter. Das Vermögen der Bank beträgt per Ende September 2‘280 Mrd. Euro, d.h. rund 3‘080 Mrd. $.

Die Deutsche Bank ist jedoch dünn kapitalisiert. Das Eigenkapital beläuft sich per Ende des III. Quartals auf 51,9 Mrd. Euro. Das bedeutet eine Leverage Ratio von 44, wobei der Wert im II. Quartal 36 betrug.

Weltweit sehen die Kapitalquoten der Deutsche Bank jedoch relativ gesund aus: Die Tier-1 Kernkapitalquote 13,8 % und Core Tier-1 (ohne die hybriden Schuldtitel) 10,1%.

Wie kommt es also, dass eine hoch verschuldete Bank „gut kapitalisiert“ erscheint?

Die Antwort liegt darin, dass die risikogewichteten Aktiva (risk-weighted asset) 337,6 Mrd. Euro betragen.

Was heisst aber tiefe risikogewichtete Vermögenswerte im heutigen Kontext der Eurozone?

Es handelt sich dabei um Staatsanleihen, die als risikolos gelten. Vielleicht hat die Deutsche Bank v.a. deutsche Bundesanleihen in ihren Büchern, die als safe-haven gelten. Aber es ist wahrscheinlich, dass die Deutsche Bank auch eine erhebliche Menge an italienischen und französischen Staatsanleihen hält, legt der ehemalige Chef-Ökonom des IWF dar. Aus diesem Grund spricht Johnson von einem Ansteckungsrisiko durch die Deutsche Bank in den USA.

Zur Erinnerung: Die Basel III-Regeln verlangen heute von den Banken weniger Eigenkapital als am Tag der Lehman Brothers Pleite. Noch einmal: Basel III verlangt nicht ein Mindestkapital, was sich an der Bilanzsumme misst. Die Anlagen einer Bank werden ihrem Risiko entsprechend gewichtet, weshalb man von risikogewichteten Anlagen (risk-weighted assets) spricht. Die EK-Quoten orientieren sich an diesen risikogewichteten Anlagen.

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