Freitag, 18. November 2011

Geldpolitik, Fiskalpolitik und NGDP

Die nominelle BIP-Steuerung (NGDP: nominal GDP targeting) ist zur Zeit unter US-Ökonomen in aller Munde.

Es ist interessant, zu wissen, was Richard Koo von der Idee hält. Nicht viel. Er befürchte, dass das Ziel damit nicht erreicht werde, weil die Geldpolitik wenig bewerkstelligen kann, wenn der Privatsektor gerade mit Schuldenabbau beschäftigt ist.

Die grundlegende Schwäche des Ansatzes ist, dass die meisten akademischen Ökonomen immer noch in der neo-klassischen Wirtschaft stecken und von den falschen Annahmen ausgehen, bemerkt der Chefökonom von Nomura Research, Tokyo in einem Interview mit Joe Weisenthal in Business Insider.

Es wird implizite angenommen, dass die privatwirtschaftlichen Bilanzen sauber seien, und die Menschen im Privatsektor Gewinnmaximierung anstreben und vorausblicken und dass die Geldpolitik vor diesem Hintergrund über viel Zugkraft verfüge.

Die grundlegende Annahme der Wirtschaftswissenschaftler ist aber falsch, weil der Privatsektor nicht mehr Gewinn maximiert, sondern tatsächlich Schulden minimiert, weil die Bilanzen unter Wasser sind, erklärt Koo. Es gibt in diesem Marktumfeld wenig, was die Geldpolitik anrichten kann. Ohne Fiskalpolitik kann sogar die Geldmenge schrumpfen, auch mit all den mengemässigen Lockerungen der Geldpolitik durch die Zentralbanken, so Koo.

Ginge der Versuch der Umsetzung der nominellen BIP-Steuerung eventuell mit einem Schaden einher?

In erster Linie gibt es laut Koo keinen grossen Schaden.

Der Ansatz kann aber auf zwei Arten doch schädlich ausgehen: 

(1) weil es die Menschen vom Gespräch über die benötigte Politik (Konjunkturprogramme) ablenkt. Das ist die Fiskalpolitik. Die sog. nicht-konventionelle Geldpolitik erreicht laut Koo nur wenig, während die Fiskalpolitik einen viel grösseren Einfluss auf die Wirtschaft ausüben kann, 

(2) weil die Glaubwürdigkeit des US-Dollars und der Zentralbanken darunter leidet. Die nicht-traditionellen Massnahmen der Zentralbank können dazu führen, dass die Menschen anfangen, zu befürchten, dass so viel Geld in das System gepumpt wird, sodass der Dollar daran zusammenbrechen könnte. Das würde laut Koo andere Probleme schaffen, sodass beispielsweise ausländische Investoren US-Treasury Bonds abstossen, weil sie denken, dass die Kapazität der Zentralbank eingeschränkt ist, und die Notenbanker deshalb etwas Verrücktes unternähmen.

Fazit: Der amerikanische Privatsektor baut derzeit zu sehr niedrigen Zinssätzen Schulden ab (deleveraging), was laut Koo nahelegt, dass sie mit ihren Bilanzen nicht zufrieden sind. Und in diesen Fällen sollten Regierungen Konjunkturpakete (fiscal stimulus) schnüren, nicht den Haushalt konsolidieren.

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