Samstag, 26. November 2011

Fiskaldisziplin mit Peitsche

Martin Wolf erklärt an einem praktischen Beispiel in einem lesenswerten Meinungsartikel („Why cutting fiscal deficit is an assault on profits“) in FT, was unter Sparparadoxon („paradox of thrift“, vgl. auch hier) zu verstehen ist.

Der britische Premierminister David Cameron hat in einer Rede am Montag gesagt, dass die Reduzierung der Staatsverschuldung sich härter als irgendjemand sich vorgestellt hat, erwiesen habe. Cameron hat zugegeben, dass ein hohes Niveau an öffentlichen und privaten Schulden sich als Hemmschuh für das Wirtschaftswachstum erweist, was es wiederum schwierig mache, mit diesen Schulden umzugehen.

„Doch wenn Cameron es hätte so machen wollen, hätte er viele „irgendjemanden“ treffen können, die ihm davor gewarnt hätten, was er gerade auf Kosten des Landes erlebt hat“, hebt Martin hervor. Wenn der private Sektor sich um einen Abbau der Schulden bemüht, ist es für die Regierung schwer, gleichzeitig auch Schulden abzubauen, weil nicht jeder weniger ausgeben kann als sein Einkommen. Das ist das Sparparadoxon, erläutert der Chefökonom der britischen Wirtschaftszeitung. Es ist keine neue Idee.

Wenn die Regierung das Haushaltsdefizit kürzen will, müssen andere Sektoren weniger sparen. Die Fragen sind hier, welche und wie. Was die britische Regierung nicht zugibt, ist, dass die einzigen Akteure, die in der Lage sind, weniger zu sparen, die Unternehmen sind.  Die Politik der Regierung zerstört aber die Unternehmensgewinne.


CDS-Prämien für Deutschland (blau), Grossbritannien (braun) und die USA (grün), Graph: Laurence Mutkin, Morgan Stanley

Paul Krugman schreibt dazu in seinem Blog, dass die Regierungschefs in der Eurozone , in Grossbritannien und die Republikanische Partei in den USA seit zwei Jahren dem folgenden Plan nachgehen:

1. Schritt: Kürzung der Staatsausgaben

2. Schritt: ?????

3. Schritt: Wohlstand

Für eine Weile war "?????" in Form von expansionary austerity-Doktrin (vgl. hier) eingerahmt. Dass heisst, dass die Vertrauen Fee (confidence fairy) dafür sorgen würde, dass der private Sektor beginnt, Geld auszugeben.

Es ist aber schwer, zu sehen, wie das in der Eurozone geschehen soll. Selbst wenn die Vertrauen Fee auftreten sollte, wie sollen die Ungleichgewichte in Zahlungsbilanzsalden zwischen dem Kern und der Peripherie der EU gelöst werden?

Zumal Angela Merkel darauf besteht, dass die Länder, die den Stabilitätspakt nicht einhalten können, bestraft werden müssen, und diejenigen, die dagegen verstossen, gemassregelt werden.

Es geht also um Züchtigung, die die Bundeskanzlerin in den Mittelpunkt der Reform der europäischen Verträge stellt: (1) eine Schuldenbremse (ohne eine Obergrenze über die Konjunkturzyklen hinaus) ist einzubauen, und (2) die Schuldensünder sollen vor den Europäischen Gerichtshof (vgl. dazu Wolfgang Münchaus lesenswerten Artikel) gebracht werden. 

Auch wenn die geistigen Grundlagen des Sparkurses (fiscal austerity) abgerissen wurden, bleibt der Plan in Europa bestehen, fasst Krugman zusammen.

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