Freitag, 12. August 2011

MMT und das langfristige Haushaltsproblem


Die Anhänger der modernen Geldtheorie (MMT: modern monetary theory) vertreten den Standpunkt, dass die Haushaltsdefizite nie ein Problem sind, solange die Wirtschaft über die eigene Landeswährung verfügt. Was ist davon zu halten?

„Es spielt derzeit wirklich keine Rolle, ob die USA kurzfristige Schuldtitel mit Null-Zinsen ausgeben oder einfach Geldnoten, die ja auch keine Zinsen tragen, drucken. Und sich um crowding-out Sorgen zu machen, ist falsch, weil die privaten Investitionen in diesem Marktumfeld durch die erhöhten Staatsausgaben nicht verdrängt werden“, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

„Wir werden aber nicht immer in einer Liquiditätsfalle stecken. Irgendwann wird die private Nachfrage zunehmen, sodass die Fed aus gutem Grund die Zinsen über Null anheben wird, um die Inflation in Grenzen zu halten. Und wenn das geschieht, ist das Defizit von entscheidender Bedeutung, und auch die wahrgenommene Bereitschaft des Staates, die Einnahmen zu erhöhen, um die Ausgaben zu decken“, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Krugman bietet dafür ein konkretes Beispiel, welches sein Argument veranschaulicht. Frankreich in den 1920er Jahren. Wie viele Länder kam auch Frankreich aus dem Ersten Weltkrieg mit sehr hohen Schulden, mit einem Spitzenwert von 240% des BIP, wie IMF darlegt. Und „Frankreich war politisch nicht in der Lage, Steuern genug zu erhöhen, um die Kosten des Schuldendiensts zu decken. Und die Anleger verloren das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Staates“, legt Krugman weiter dar.

Verschiedene Hilfsmittel wurden ausprobiert, darunter die Schaffung der monetären Basis, welche von einem Finanzminister befürwortet worden war, basierend auf der MMT, dass die Aufteilung der Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand zwischen der Währung und den kurzfristigen T-Bills keinen Unterschied machen würde. Es hat sich aber herausgestellt, dass es doch einen Unterschied macht. Der französische Franc ist abgestürzt und das Preisniveau stieg kräftig an, erläutert Krugman.

Es war also, wie es sich herausstellte, nicht genau das, was der Arzt verordnet hatte, weil Frankreichs Haushaltsproblem viel mehr aus einem Schuldenüberhang bestand als aus laufenden Ausgaben. Die Inflation hat den realen Wert der Schulden erodiert und zu Poincare Stabilisierung des Jahres 1926 geführt.

Was sagt aber diese Erfahrung über die USA aus? „Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Wirtschaft aus der Liquiditätsfalle kommt, kommt es auf die öffenlichen Finanzen an. Und nicht nur wegen ihrer Rolle für den Anstieg oder den Rückgang der gesamtwirtschaflichen Nachfrage. Die Zusammensetzung der öffentlichen Schulden (als Verhältnis zwischen Schulden und Geldbasis) ist in normalen Zeiten von Bedeutung. Wenn es nicht darauf ankäme, hätte die Fed keinen Einfluss, niemals. Wenn wir als an diesem Punkt versuchen, das Defizit zu finanzieren, indem wir lieber Geld drucken als Anleihen ausgeben, wird es inflationär“, bekräftigt Krugman.

Und im Gegensatz zu Frankreich in den 1920er Jahren würde sich ein solches hypothetisches US-Defizit nicht selbst korrigieren. Denn die grösste Quelle des amerikanischen langfristigen Defizits ist nicht der Überhang an Schulden, sondern die Aussicht auf die aktuellen Kosten der Zahlungen für den Ruhestand, das Gesundheitswesen und die Verteidigung. So eine Krise könnte (Krugman betont hier, dass es sehr hypothetisch ist) in etwas sehr böses geraten, mit sehr hoher Inflation und ja Hyperinflation.

Nun liegt das alles zur Zeit sehr fern. Und „es gilt zu bemerken, dass Frankreichs Wirtschaft sich in den 1920er Jahren mit einer Staatsquote von 140% des BIP stabilisiert hat, weit höher als die Zahlen, die uns heute eigentlich erschrecken sollen. Nichts davon ist heute von Bedeutung für die aktuelle politische Debatte“, hebt Krugman hervor

Aber die MMT-Anhänger scheinen entschlossen, um die jenigen von uns, die strengere Massnahmen erfordern, aber denken, dass es ein langfristiges Problem ist, zu beunruhigen, fasst Krugman zusammen.

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