Sonntag, 26. Juni 2011

Ein einfaches Modell der Inflation und die EZB

Nick Rowe erklärt in einem lesenswerten Beitrag („Headline and Core, again. And the ECB“) in Worthwhile Canadian Initiative, wie die Argumente über die allgemeine Inflation und die Kerninflation im Kontext mit einem einfachen Modell zu bewerten sind.

Hier ist ein sehr einfaches Modell der Inflation. Nehmen Sie es nicht wörtlich. Es ist nur zur Illustration, bemerkt der an der Carleton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

(1) H (t) = aH (t-1) + bC (t-1) – cR (t-1) + e(t)

H(t) ist die allgemeine Inflation (headline inflation) zur Zeit t und C(t) ist die Kerninflation (core inflation), R(t) ist der Zinssatz, der von der Zentralbank festgelegt wird und e(t) ist ein seriell unkorrelierter Fehler.

Die allgemeine Inflation hängt von der nachhinkenden (nachlaufenden) allgemeinen Inflation ab. Die nachhinkende (nachlaufenden) Kerninflation, der nachhinkende Zinssatz und ein unvorhergesagter Schock. (PS: Alles ist eine Abweichung vom Mittelwert, sodass wir den konstanten Term ignorieren können).

Hier ist ein sehr einfaches Modell der Reaktion Funktion der Zentralbank:

(2) R(t) = dH (t) + fC (t)

Die Zentralbank schaut auf die allgemeine und die Kerninflation und legt den Zinssatz entsprechend fest.

Ersetzen Sie die Reaktion Funktion (2) in die strukturelle Gleichung (1), um eine reduzierte Form der Gleichung für die allgemeine Inflation zu erhalten:

(3) H(t) = [a-cd] H (t-1) + [b-cf] C (t-1) + e(t)

Zwei Ökonometriker besuchen diese Wirtschaft. Beide wollen, dass die Zentralbank die allgemeine Inflation so nah wie möglich an einem festem Ziel hält.

Der eine argumentiert, dass die Zentralbank nur auf die Kerninflation reagieren soll, weil die Kerninflation ein besseres Anzeichen für die künftige allgemeine Inflation darstellt.

Der andere argumentiert, dass die Zentralbank nur auf die allgemeine Inflation reagieren soll, weil die allgemeine Inflation ein besseres Anzeichen für die künftige allgemeine Inflation darstellt.

Sie sind sich einig, dass es eine empirische Frage ist und so kommen sie überein, dass ihre Argumentation durch die Schätzung einer Regression der allgemeinen Inflation auf nachhinkende Inflation und nachhinkende Kerninflation abzuklären ist.

Hier ist die Schätzung:

H(t) = AH (t-1) + BC (t-1) + e (t)

Sie stimmen darin überein, dass, wenn sie herausfinden, dass A>0 und B=0 ist, dann der zweite Ökonometriker richtig liegt und die Zentralbank nur auf die allgemeine Inflation reagieren soll.

Und wenn sie herausfinden, dass A=0 und B>0 ist, dann liegt der erste Ökonometriker richtig und die Zentralbank nur auf die Kerninflation reagieren soll.

Und wenn beide A>0 und B>0 sind, liegen die beiden Ökonometriker teilweise richtig und die Zentralbank soll sowohl auf die allgemeine Inflation als auch auf die Kerninflation reagieren.

Vergleicht man die Gleichungen (3) und (4), sollte es offentsichtlich sein, dass beide Ökonometriker hoffnungslos falsch liegen.

Die Schätzung von A durch die Ökonometriker ist eine sehr schlechte Schätzung des strukturellen Parameters a. Stattdessen ist es eine gute Schätzung des Parameters der reduzierten Form [a-cd]. Und die Schätzung von B durch die Ökonometriker ist eine sehr schlechte Schätzung des strukturellen Parameters b. Stattdessen ist es eine gute Schätzung des Parameters der reduzierten Form [b-cf], erklärt Rowe.

Wenn z.B. eine Zentralbank wüsste, dass die Gleichung (1) eine wahre Beschreibung der Struktur der Wirtschaft ist, wüsste sie die genauen Werte der strukturellen Parameter a, b und c, und würde die Inflation so nah wie möglich an einem festen Ziel halten, und dann würde sie eine Reaktion Funktion wählen, wo d=a/c und f= b/c  sind, sodass die reduzierte Form wie folgt aussähe:

H(t) = [0] H (t-a) + [0]C (t-1) + e (t) = e (t)

Und die beiden Ökonometriker würden feststellen, dass A=0 und B=0 sind, sodass weder die allgemeine Inflation noch die Kerninflation die künftige Inflation voraussagten. Wenn also die Zentralbank auf die Inflation und die Kerninflation perfekt reagieren würde, würden die beiden Ökonometriker aus ihrer Regression schliessen, dass die Zentralbank sowohl die allgemeine Inflation als auch die Kerninflation ignorieren sollte, weil die beiden als Prädiktoren der künftigen Inflation nutzlos sind.

Die richtige Folgerung aus den Schätzungen der Ökonometriker ist es nicht, ob die Zentralbank auf die allgemeine Inflation, die Kerninflation oder die beiden oder keine davon reagieren sollte, sondern ob die Zentralbank darauf mehr oder weniger stark reagieren sollte als sie es in der Vergangenheit getan hat.

Fazit: Jemand soll dies bitte der EZB erklären, damit die irrelevante Debatte über die Vorhersagekraft der allgemeinen Inflation (headline) und die Kerninflation (core) beendet wird, fasst Prof. Rowe zusammen.

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