Montag, 12. Juli 2010

Kreative Buchhaltung dank Repo-Transaktionen

Die US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC = Securities and Exchange Commission) hat im März einen Brief an 19 grosse Finanzinstitutionen gesandt, um sie nach ihrer Repo-Buchhaltung zu fragen. Ein SEC-Sprecher hat im Mai wissen lassen, dass die Untersuchung bislang keine verbreitete unangemessenen Praktiken gefunden hat. Die SEC hat die Banken aufgefordert, ihre Repo-Geschäfte offenzulegen. Mindestens drei Banken sollen den Aufforderungen nachgekommen sein. Darunter Bank of America (BofA). Wie Business Insider berichtet, habe die BofA indes eingestanden, fälschlicherweise in sechs Transaktionen so viel wie 10,7 Mrd. $ an Verbindlichkeiten versteckt zu haben, um die Grösse der Bilanz zu reduzieren und auf diese Weise interne Ziele zu erfüllen. Das sei dank Repo (repurchase agreement) Transaktionen gelungen, nicht vollkommen verschieden von denen wie von Lehman Brothers benutzt worden sind, mit ähnlichen Wirkungen. Die Transaktionen, die als „Dollar Rolls“ verbucht wurden, haben laut WSJ zwischen 2007 und 2009 stattgefunden, jeweils per Ende Quartal.

Bei „Dollar Rolls“ handelt es sich um Transaktionen von MBS (mortgage-backed securities). Das sind mit Hypotheken besicherte Wertschriften, die von einer Bank an einen Handelspartner geliehen werden, wobei gleichzeitig vereinbart wird, dieselben Wertschriften von demselben Handelspartner zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukaufen. Repos sind kurzfristige Finanzierungsinstrumente, welche Banken erlauben, im Wertpapiergeschäft höhere Risiken einzugehen. Werden die Transaktionen als „verkauft“ statt „verliehen“ klassifiziert, wie im Fall von „Repo 105“, wird die einschlägige Bank befähigt, Vermögenswerte aus der Bilanz zu nehmen und damit ihren Verschuldungsgrad (leverage) zu verringern.

Window Dressing“ ist nicht illegal. Aber wenn Verbindlichkeiten absichtlich versteckt werden, um Investoren zu täuschen, stellen sie einen Verstoss gegen regulatorische Richtlinien dar. Lehman hatte davon grosszüzig Gebrauch gemacht. Die amerikanische Investmentbank, die inzwischen pleite gegangen ist, hatte mit einer „Repo 105“ genannten Strategie über 50 Mrd. $ an Vermögenswerten ausserbilanziell verschoben, wie die Aufsichtsbehörden herausgefunden haben. BofA hat mitgeteilt, dass ihre falsche Buchungen nicht absichtlich geschehen sind. Die SEC wird nach eigenen Angaben ihre Überprüfung, sobald sie abgeschlossen ist, bekanntgeben. Voraussichtlich in den nächsten Wochen.

Fazit: „Innovationen“, welche von der modernen Finanzwirtschaft präsentiert wurden, haben nicht zu einer höheren langfristigen Effizienz, schnellerem Wirtschaftswachstum oder grösserem Wohlstand geführt, wie Joseph Stiglitz in einem lesenswerten Essay („Taming Finance in an Age of Austerity“) in Project Syndicate neulich bemerkt hat. „Stattdessen waren sie darauf ausgerichtet, Bilanzierungsrichtlinien zu umgehen und Steuern zu hinterziehen“. Die Märkte korrigieren sich nicht selbst. Die dogmatisch angetriebene Deregulierung hat sich als fataler Fehler erwiesen.

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