Freitag, 16. Juli 2010

Aktienmarkt-Liquidität und Rezessionen

Die Rezession hat laut NBER (National Bureau of Economic Research) im IV. Quartal 2007 begonnen. Die Kreditklemme („credit crunch“) dürfte aber im August 2007 begonnen haben, schreibt Michael McCracken in einem lesenswerten Essay („Using Stock Market Liquidity to Forecast Recessions“) in National Economic Trends von Fed St. Louis. Zu diesem Zeitpunkt legten die Kosten der Interbankausleihungen scharf auf ein Niveau zu, wo es für die Unternehmen sehr schwer wurde, in bisher gewöhnter Art und Weise Kredit aufzunehmen, bemerkt der Ökonom. Sobald Investoren dies beobachtet haben, haben sie angefangen, sich aus dem Aktienmarkt zurückzuziehen, was zu einem weltweiten Abwärtstrend der Aktienkurse führte, erklärt er. Angesichts dieser Abfolge der Ereignisse wirft McCracken die Frage auf, ob der Rückgang der Liquidität am Markt für Schuldtitel ("credit crunch") oder der Rückgang der Liquidität am Aktienmarkt die Wirtschaftskrise und die anschliessende Rezession verursacht haben.


Liquidität am Aktienmarkt und Rezession, Graph : Michael McCracken

Der Autor ist der Meinung, dass die Veränderung in der Liquidität am Aktienmarkt mit den Veränderungen in der realen Wirtschaft zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg zeitgleich zusammenfallen. Mit anderen Worten sieht McCracken die Liquidität am Aktienmarkt als „einen sehr guten Frühindikator“ für die Realwirtschaft.

Es gibt jedoch viele verschiedene Methoden, um die Liquidität zu messen. Die eine, auf die sich McCracken konzentriert, ist, wie sich die Aktienkurse in Reaktion auf jede Volumeneinheit des Trades entwickeln. Eine hohe Schätzung zeigt eine hohe Liquidität (Niedrigpreis-Auswirkungen des Trades) und eine tiefe Schätzung zeigt eine geringe Liquidität (Hochpreis-Auswirkung des Trades). Ein bevorzugter Massstab wird durch den Durchschnitt von auf der NYSE gelisteten Aktien ermittelt. Die Abbildung zeigt die zeitliche Beziehung zwischen der Aktienmarkt-Liquidität und den Konjukturzyklen auf. Die Liquidität neigt dazu, vor der Rezession ab- und vor dem Ende der Rezession, zuzunehmen. Die grauen Balken im Graph repräsentieren die Rezessionen. Ein Caveat: Es sind zweierlei Dinge, was der Rezession vorausgeht und was die Rezession verursacht. Die Liquidität am Aktienmarkt kommt nicht ohne Grund zum Stocken. Der Rückgang der Liquidität hat die Rezession nicht ausgelöst, hebt McCracken hervor. Es ist einfach nur ein Signal für etwas, was grundlegend in der Wirtschaft stattfindet. Das heisst, dass es sehr schwierig ist, zu bestimmen, ob einer Wirtschaft ein fundamentaler Wandel stattfindet. Im Gegensatz dazu sind die Massregeln zur Messung der Liquidität am Aktienmarkt auf täglicher Basis verfügbar. Während also die Liquidität am Finanzmarkt keine Rezession verursacht haben mag, ist es offenbar eine gute Idee, als Indikator für den Zustand der Konjunktur, die Liquidität zu verfolgen, schlussfolgert McCracken.

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