Montag, 10. Mai 2010

EU-Rettungspaket: 750 Mrd. Euro

Die drohende Eskalation der Schuldenkrise in der Euro-Zone hat zu einer Kehrtwende in Europa geführt. Was ist am Wochenende passiert?

(1) Die Euro-Zone Finanzminister haben von Sonntag auf Montag in Brüssel ein Hilfspaket zur Rettung des Euro im Volumen von rund 750 Mrd. € geschnürt. Davon kommen 440 Mrd. € in Form von garantierten Krediten (über eine noch zu schaffende Zweckgesellschaft) von den EU-Mitgliedern und 60 Mrd. € in Form von festen Darlehen von der EU-Kommission. Zudem steuert der IWF 250 Mrd. € bei.

(2) Die EZB hat sich erstmals seit Gründung der Währungsunion bereit erklärt, öffentliche und private Anleihen am Markt aufzukaufen. Ziel: Tiefe und Liquidität in diesen Marktsegmenten zu sichern. Den aktuellen Zustand beschreibt der EZB-Rat als „dysfunktional“. Die europäischen Währungshüter sehen endlich ein, dass die Preisstabilität nur bei funktionierenden Märkten möglich ist, wobei zur Zeit keine Inflationsgefahr besteht. Wegen der Produktionslücke, die im negativen Bereich geöffnet bleibt, könnte sogar das Deflationsrisiko in Europa wieder aufflammen. Über signifikante Lohnsenkungen in einer schweren Rezession wird nun an der Peripherie der EU Deflation erzeugt.


EU Kernländer, Graph: CEEMEA Economics Team, Morgan Stanley

(3) Die G7-Zentralbanken haben vereinbart, die Schuldenkrise in Europa (hochverschuldete Mitglieder der Euro-Zone) gemeinsam anzugehen, indem sie sich untereinander Kreditlinien (swap lines) gewähren, um die Versorgung mit Fremdwährung zu gewährleisten.


EU Peripherie, Graph: CEEMEA Economics Team, Morgan Stanley

Resümee-Gedanken

(a) EU-Reform: Handelt es sich dabei um einen ersten Schritt der EU in Richtung zur Fiskal-Union?

(b) Spekulanten: Wird die Stellung von Spekulanten nicht überbewertet? Die EU schien mit dem Krisenfall Griechenland von Anfang an überfordert zu sein. Die Politik hat von Brüssel bis Berlin kläglich versagt. Die EU-Politiker und Finanzminister haben keine Gelegenheit ausgelassen, die Misere immer wieder den Spekulanten in die Schuhe zu schieben. Welche Rolle spielt aber die EU mit ihrer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik dabei? Das Wachstumsmodell richtet sich einzig nach Exportgeschäft, gefördert durch Steuerwettbewerb. Die Nachfrage wird gefliessentlich vernachlässigt. Die Fiskalpolitik ist Tabu. Die Geldpolitik ist zu restriktiv. Die EZB hat im Sommer 2008 (kur vor dem Ausbruch der Finanzkrise) ihre Leitzinsen erhöht, anstatt zu senken. Es war wiederum die EZB, die angekündigt hat, Staatsanleihen mit schlechter Bonität als Sicherheit nicht anzunehmen. Genau seit diesem Zeitpunkt verlieren Staatspapiere Griechenlands an Wert. Warum haben die Regulierungsbehörden der EU während der grosszügigen Kreditvergabe der Kernländer an den Mittelmeerraum (und Osteuropa) geschlafen? Weil das Exportgeschäft der Kernländer davon profitiert hat? Warum stellen sich die Kernländer gegen vernüftige Vorschläge zur Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für die Banken? Brüssel ging bisher beflügelt von der Mainstream-Ökonomie davon aus, dass der Markt alles selbst regelt und immer recht hat. Diese Politik hat fehlgeschlagen. Was hat das mit Spekulanten zu tun?

(c) Kohäsion-Blase an der Peripherie: Nachdem die Blase an der EU-Peripherie geplatzt ist, versuchen die Fed und die SNB nun mit Swap-Linien den Euro vor der EZB zu retten. Die EZB willigt endlich ein, eine expansive Geldpolitik an den Tag zu legen, obwohl sie zugleich andeutet, keine mengenmässige Lockerung (QE: quantitative easing) à la Fed oder BoE zu verfolgen. Die Rede ist von einer sterilisierten und sensitiven QE. Das ist aber (derzeit) nicht glaubwürdig.

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