Sonntag, 18. April 2010

Abacus 2007-AC1: Goldman Sachs bereits vor 9 Monaten gewarnt

Goldman Sachs, das einflussreiche amerikanische Investmenthaus sei einem Bericht von Bloomberg zufolge vor neun Monaten durch die SEC gewarnt worden. Die Bank habe aber darauf nicht reagiert. Die SEC hat am Freitag Klage gegen Goldman Sachs & Co. und Fabrice Tourre, einen GS Manager wegen Wertpapierbetrug erhoben: Begründung: Wesentlich irreführende Aussagen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit einer synthetischen CDO (Collateralized Debt Obligation), welche von GS strukturiert und an Investoren verkauft wurde. In der Anklageschrift lautet der Satz im Original so : "The Commission brings this securities fraud action against Goldman, Sachs & Co. (“GS&Co”) and a GS&Co employee, Fabrice Tourre (“Tourre”), for making materially misleading statements and omissions in connection with a synthetic collateralized debt obligation (“CDO”) GS&Co structured and marketed to investors".

Wie hat sich der ganze Deal abgespielt? Der Hedge Fonds Paulson hat Goldman Sachs beauftragt, eine synthetische CDO (genannt ABACUS 2007-AC1) zu strukturieren und zu vermarkten. Eine CDO, deren Wertentwicklung von subprime residential mortgage-backed securities (RMBS) abhängt. Das Geschäft sei am 26. April 2007 abgeschlossen. Der Hedge Fonds habe dafür ca. 15 Mio. $ an GS bezahlt. Die SEC deutet darauf hin, dass GS’ Marketing Materials für ABACUS 2007-CA1 (Term Sheet, Flip Book und Offering Memorandum) zeigen, dass das Referenz-Portfolio von RMBS, worauf die CDO basiert, von einem Dritten, nämlich dem ACA Management LLC ausgewählt wurden. Für die Anleger blieb jedoch ungenannt (undisclosed), dass ein grosser Hedge Fonds, nämlich Paulson & Co. mit negativen wirtschaftlichen Interessen eine bedeutende Rolle in der Portfolio-Auswahl gespielt hat. Auch das ACA Management habe davon nichts gewusst, berichtet die US-Brösenaufsicht (SEC).

Nach der Teilnahme am Auswahlprozess des Referenz-Portfolios hat der Hedge Fonds Paulson das RMBS-Portfolio leerverkauft („short“), indem er mit GS in Credit Default Swaps (CDS) eingetreten sei, um für bestimmte Tranchen der Kapitalstruktur von ABACUS 2007-AC1 Versicherungen (CDS) zu kaufen. Tourre, verantwortlich für ABACUS 2007-AC1 habe von Hedge Fonds Absichten (RMBS leerzuverkaufen, d.h. zu „shorten“) und dessen Rolle beim Auswahl-Prozess von Kollaterals gewusst, aber dies gegenüber Investoren verschwiegen, so die SEC.

Am 24. Oktober 2007 sei 83% von RMBS in ABACUS 2007-AC1 herabgestuft worden, erklärt die SEC. Am 29. Januar 2008 sei 99% des Portfolios herabgestuft worden. Als Folge davon haben die Anleger über 1 Mrd. $ verloren. Der Hedge Fonds hingegen, der eine Gegenposition hatte, einen Profit von ca. 1 Mrd. $ gemacht, berichtet die Behörde. Und sie fordert deshalb Unterlassungsanspruch, Rückzahlung von Gewinnen, Verzinsung des Schadenersatzes, zivilrechtliche Sanktionen und andere geeignete und notwendige, gerechte Schmerzlinderung von beiden Angeklagten.

Die Strategie des Hedge Fonds beruhte darauf, dass bestimmte mid-and-subprime RMBS (Rating „BBB“ von S&P und „Baa2“ von Moody’s) einen Credit Event auslösen würden. Die „BBB“-Tranche ist die unterste Stufe nach „Equity“-Tranche, der Stufe mit dem höchsten Risiko. Wenn ein Zahlungsausfall eintritt, ist zunächst die „Equity“-Tranche betroffen.

Die CDOs sind Wertpapiere, die Pools von Krediten einschliesslich RMBS bündeln und in Wertschriften verschiedener Bonität tranchieren. Diese Wertpapiere sind verpackt und werden im allgemeinen von Special Purpose Vehicle (SPV) gehalten. Die SPVs (Zweckgesellschaften), welche der Bank die Kredite abkaufen, geben Anleihen aus, die wiederum an berechtigte Inhaber aus dem zugrunde liegenden Vermögenswerten Zahlungen leisten. Bei einer synthetischen CDO besitzt die SPV das Kreditportfolio nicht. Das heisst, die Bank verkauft ihre Kredite nicht, sondern sie schliesst mit der SPV einen CDS auf die Kredite ab. Die Idee, die dahinter steckt, ist: die Übertragung des Kreditrisikos, und nicht des Kredits an sich. Die SPV ist damit einverstanden, gegen eine Gebühr die Bank für Verluste aus dem vom CDS gedeckten Unternehmen zu entschädigen. Im Fall einer synthetischen CDO bleiben die Kredite also in den Büchern der Bank. Nur das Risiko wird verschoben. Mit synthetischen CDOs werden m.a.W. Kreditrisiken auf die Anleger abgewälzt. Eine Zweckgesellschaft, für die es überhaupt keine Bestimmungen gibt, nimmt also wie eine normale Bank Aktienkapital und Schuldtitel auf. Durch Verbriefung werden Erträge und Risiken an die Anleger weitergeleitet. Die Aufteilung muss aber nicht zu gleichen Teilen erfolgen.

Der Hedge Fonds Paulson ging davon aus, dass die synthetische CDOs, deren Referenz-Vermögenswerte (Portfolios) aus bestimmten „BBB“ benoteten mid-and-subprime RMBS bestanden, erhebliche Verluste erfahren und unter bestimmten Umständen sogar die Senior-Tranche (die obere Klasse, die das geringste Risiko trägt) der sog. Mezzanine (die mittlere Tranche) der CDOs wertlos werden würden. Deswegen bemühte sich der Hedge Fonds mit GS um mögliche Transaktionen mit Gegenparteien (Investoren) für die Short-Positionen des Hedge Fonds selbst. Die SEC zeigt interne E-Mails von Mitarbeitern des Hedge Fonds, in denen darauf hingewiesen wird, dass die Ratingagenturen, die CDO-Manager und die Underwriters alle am gleiben Strang ziehen und somit das Spiel weiter geht, „während die Anleger (mit echtem Geld) weder über die analytische Werkzeuge verfügen noch einen institutionellen Rahmen haben, zu handeln, bevor die Verluste, die man von News, die überall verfügbar sind, antizipieren könnte, tatsächlich realisiert werden“. Wieso ging aber der Hedge Fonds so vor? Weil das Tranchieren einer (synthetischen) CDO es möglich macht, verschiedende Kreditrisikoarten zu erzeugen. Bei einer synthetischen Verbriefung behält der Sponsor (eine Bank oder ein Hedge Fonds) das obere Ende des Risikos („Super Senior Tranche“), das letzte Stück des Verlustes. Die Equity-Tranche und die Mezzanine-Tranche absorbieren die ersten Verluste. Die Ratingagenturen stellen sicher, wie Satyajit Das in seinem Buch betont, dass die Wahrscheinlichkeit von Verlusten, die über die Equity-Tranche und die Mezzanine-Tranche hinausgehen, sehr klein erscheint.

Die Zivilklage der SEC gegen die Bank Goldman Sachs scheint die schlimmsten Befürchtungen vieler Amerikaner über die Wall Street zu bestätigen, schreibt NYT: Das Spiel ist manipuliert. Beim Vorwurf der SEC geht es also darum, dass die Investmentbank Goldman Sachs den Interessenkonflikt nicht offengelegt hat. Die Bank habe oben drauf versucht, den Konflikt zu verschleiern. Deswegen ist die Rede von Betrug.

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