Montag, 22. Februar 2010

Schuldendebatte: Privat gut – Staatlich schlecht?

Defizit-Falken und Mainstream-Ökonomen warnen seit Monaten konsequent vor steigenden Staatsschulden und vor Inflationsrisiken. Bemerkenswert ist aber, dass sie nie vor der Gefahr einer übermässigen privaten Verschuldung gewarnt haben, wie Prof. James Galbraith neulich zu Recht festgehalten hat. Ihr Interesse ist klar: Sie profitierten von privaten Schulden. Die Finanzkrise ist jedoch noch nicht vorbei. Während in den Medien derzeit intensiv über zunehmende Budgetdefizite in den Industrieländern berichtet wird, macht Prof. John G. McLean in einem lesenswerten Beitrag in Baseline Scenario darauf Aufmerksam, dass, wenn die Debatte sich weiterhin v.a. auf die Buchstützen der Krise konzentriert, die Reformbemühungen um die Finanzaufsicht scheitern werden. Ein gesundes Finanzsystem wäre in der Lage gewesen, den Subprime-Schock zu absorbieren, erklärt McLean. „Aber unser System, welches wild überschuldet ist, ging nach einem Schlag in die Knie“, beschreibt Wirtschaftsprofessor an der Harvard Business School die Lage.

„Wenn wir die Verschuldungsproblematik (leverage) nicht beheben, wird alles umsonst sein“, warnt McLean. Die ausstehenden Verbindlichkeiten sind im Finanzsektor von 578 Mrd. $ (21% des BIP) im Jahre 1980 auf 17'000 Mrd. $ (118% des BIP) im Jahr 2008 hochgeschnellt, bemerkt der Autor. Unter den inländischen Investmentbanken sei das Brutto-Leverage-Verhältnis von über 21 zu 1 im I. Quartal 2001 auf 30 zu 1 im IV. Quartal 2007 geklettert. Und das ist nur das, was in den Bilanzen sichtbar ist. Die Hebelwirkung sei im „off-balance“-Bereich (ausserbilanziell) mit Eventualverbindlichkeiten (einschliesslich der berüchtigten CDS von AIG) drastisch höher, betont McLean. Das Problem war, dass ein Grossteil dieser Hebelwirkung (leverage) kurzfristig ausgerichtet war, was im Falle eines Vertrauensverlustes leicht zu einem Bank Run geführt hat, erläutert McLean. Ein Grossteil von Leverage war auf Firmen konzentriert, welche in kurzer Zeit spektakulär gewachsen sind, wie z.B. Bear Stearns, welches seine Aktivposten von 1990 bis 2007 um das 10-fache gesteigert hat. Was muss man aber tun, um einen erneuten Vorfall eines solchen Unglücks zu verhindern? (1) Regulierung nach Menschenverstand, was Verbraucher- und Hypothekenkredite betrifft. Das würde ein weiteres Subprime-Fiasko verhindern, schlägt McLean vor. (2) Die Schaffung von neuen Instrumenten, um mit grossen Finanzunternehmen umzugehen und die Notwendigkeit für weitere Bailout zu reduzieren, falls diese Unternehmen in Schieflage geraten. Der amerikanische Kongress soll zudem strenge Obergrenzen für kurzfristige Schuldenaufnahme von Finanzunternehmen und ausserbilanzielle Aktivitäten einführen und fordern, dass sie über ausreichende Liquidität verfügen. Kombiniert mit einer Leverage-Deckelung würden diese Regeln dazu beitragen, einen unerwarteten Schock abzuwehren, argumentiert McLean.

Keine Kommentare: