Samstag, 6. Juni 2009

Haushaltsdefizit vs. Renditeanstieg

Der anhaltende Ausverkauf der US-Treasuries hat in den vergangenen Wochen zu einem erheblichen Renditeanstieg geführt. Die Interpretation des Renditezuwaches schlägt jedoch mittlerweile aufs Gemüt. Fest steht aber, dass die Volatilität an den Aktienmärkten deutlich abgenommen, an den Anleihenmärkten hingegen zugenommen hat. Ins Auge fallen insbesondere folgende Argumente für den Anstieg der Renditen am Bondmarkt: (1) ein Überangebot an Staatspapieren, (2) Angst vor einer steigenden Inflationsgefahr, (3) Umschichtung von Rentenpapieren in die Aktien und (4) Hoffnungen („grüne Sprösslinge“) auf eine konjunkturelle Wende.


10Y UST Yield, Graph: Bloomberg.com

Anhänger des dogmatischen Monetarismus vertreten die theoretische Ansicht, dass eine Reflationspolitik unnötig und kontraproduktiv ist. Die ausufernde Verschuldung der öffentlichen Hand werde wegen der Ausweitung der Geldmenge der Zentralbanken in naher Zukunft zu einer Hyperinflation führen. Das Finanzsystem werde geradezu mit zusätzlichem Geld überflutet. Das Geldmengenwachstum bestimme die Geldentwertung. Die Gegenposition behauptet andererseits, dass die Notenbanken die zusätzliche Liquidität bereitstellen, weil die Banken sich nach wie vor gegenseitig nicht trauen, und die Nachfrage nach Liquidität extrem gestiegen ist. Die Notprogramme werden zurückgefahren, sobald die Märkte wieder richtig funktionieren. Was sagt aber die Fed dazu? Ben Bernanke nennt hauptsächlich zwei Gründe: (1) Besorgnisse über das wachsende Haushaltsdefizit und (2) Optimistischer Wirtschaftsausblick:

In recent weeks, yields on longer-term Treasury securities and fixed-rate mortgages have risen”. …… “These increases appear to reflect concerns about large federal deficits but also other causes, including greater optimism about the economic outlook, a reversal of flight-to-quality flows and technical factors related to the hedging of mortgage holdings."

Wenn auch die bemerkenswerte Stellungnahme des Fed-Chef sich wie ein Oxymoron anhört, wird es allmählich enorm wichtig, dass die Notenbanken mit der Öffentlichkeit über die Exitstrategie aus ihrer unkonventionellen Geldpolitik angemessen kommunizieren, um Inflationsängste zu besänftigen.

Gemessen am Renditeverlauf der inflationsindexierten US-Treasuries ist heute keine Hyperinflation zu befürchten. Liegt die tatsächliche Inflation, wie in der Gegenwart (Deflation), unter den Erwartungen, schneidet der Käufer einer inflationsgeschützten Anleihe deutlich schlechter ab als der Käufer einer normalen Staatsanleihe. Es ist unbestritten, dass z.Z. deflationäre Kräfte vorherrschen. Die Inflationserwartungen liegen gegenwärtig mit knapp 2% unter dem langfristigen Durchschnitt. Sie sind also nicht hoch.


Inflationserwartungen, Graph: Bloomberg.com

Wenn die Depressionsgefahr heute gebannt scheint, ist es der expansiven Geldpolitik, dem Einsatz von unkonventionellen Mitteln („quantitative easing“) und der fiskalpolitischen Lockerung zu verdanken. Es darf nicht in Vergessenheit geraten, dass die Rezession in den USA seit dem Dezember 2007 anhält. Das Euro-Land ist bekanntlich von der Krise viel stärker erfasst als die US-Wirtschaft, wie die BIP-Daten in den vergangenen sechs Monaten belegen. Was sich derzeit an den Rentenmärkten abspielt, mutet sich wie der Beginn eines Normalisierungsprozesses an.

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