Freitag, 23. Mai 2008

Isländische Notenbank: Können Zentralbanken bankrottgehen?

Die isländische Notenbank hat gestern mitgeteilt, ihren Leitzins unverändert bei 15,5% zu belassen. Infolge der drastischen Abwertung der Krone im ersten Quartal 2008 hatten die Währungshüter den Leitzins in zwei Schritten insgesamt um 1,75% angehoben. Die Inflationsrate war im Vorfeld auf 12% gestiegen. In einer spektakulären Aktion haben die Zentralbanken Dänmarks, Norwegens und Schwedens am Wochenende beschlossen, die isländische Krone zu unterstützen. Die drei nordischen Notenbanken stellten der Isländischen Zentralbank einen Notkredit im Volumen von 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung, damit der Inselstaat im Atlantik die makroökonomische und finanzielle Stabilität wiederherstellen kann. Die isländische Notenbank unterstrich nun die Bedeutung dieser Vereinbarung zum Währungsswap. Tatsächlich hat sich die kleinste selbständige Währung der Welt nach der Bekanntgabe der „Swap Facility“ gegenüber dem Euro um rund 5% erholt.

Die isländische Notenbank beschuldigt Hedge Fonds, zu Jahresbeginn Short-Positionen gegen die Krone eingegangen zu haben. Islands Währung galt wegen des enormen Handelsbilanzdefizits verwundbar. Reykjavik hat sich in den vergangenen zehn Jahren von einem Fischerei- zu einem Finanzdienstleistungszentrum entwickelt. In dieser Zeitperiode haben die Bürger zumeist auf Kredit ordentlich konsumiert. Die Banken haben aber inzwischen Liquiditätsprobleme in fremder Währung. Rund 80% der Auslandsschulden Islands entfällt auf die drei grössten Banken (Kaupthing Bank, Landsbanki Islands und Glitnir Bank) des Landes. Die Vermögenswerte der grössten Banken belaufen sich auf das 10fache des isländischen Bruttoinlandsproduktes. Die Währungsreserven der Notenbank betragen 207 Mrd. Krone (rund 2,8 Mrd. US-Dollar). In diesem Zusammenhang macht seit Kurzem die Frage die Runde, ob der isländischen Zentralbank ein Zusammenbruch droht. Da die führenden Banken sich in fremden Währungen verschuldet haben, kann die isländische Zentralbank diesen im Fall einer schwerwiegenden Krise nicht viel helfen. Zu diesem Thema wurde neulich eine viel beachtete Studie („Can Central Banks go Broke?“) veröffentlicht. Willem Buiter, Professor an der London School of Economics und früheres Mitglied des BoE beantwortet drin die Frage, ob auch Zentralbanken bankrott gehen können, mit Ja. Eigentlich geht Buiter in seiner Analyse mit der US-Notenbank (Fed) hart ins Gericht. Er hält die von der Fed getroffenen Massnahmen für riskant. Bekanntlich hat die Fed im Zuge der Kreditkrise ihr Diskontfenster für Investmentbanken geöffnet und dem Markt im Rahmen von neu lancierten Fazilitäten wie TAF, TSLF und PDCF Liquidität zugeteilt. Die US-Notenbank hat also als „Lender of last resort“ (Kreditgeber in der Not) Wertpapiere gegen US-Staatsanleihen ausgetauscht. Aufgrund der Annahme von schwachbesicherten privaten Wertpapieren hat sich dabei die Zusammensetzung der Fed-Bilanz geändert. Bei einer Bilanzsumme von 900 Mrd. Dollar beträgt das Eigenkapital der Fed 40 Mrd. Dollar. Sie hat aber zudem eine Garantie von 29 Mrd. Dollar zugunsten von JP Morgan für die Übernahme von Bear Stearns abgegeben. Solange die Notenbank Verbindlichkeiten in eigener Währung hat, kann sie im Notfall durch Gelddrucken einen Bankrott vermeiden. Was aber, wenn die Zentralbank Verbindlichkeiten in einer Fremdwährung begleichen muss? Island bleibt deshalb ein kniffliger Fall. Die in Amerika ausgelöste Kreditkrise hat das 316'000 Einwohner zählende Land schwer betroffen.

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